Dienstag, 8. August 2023

08. August 2023, (Abwettern in) Kalmar

 Dienstag, 08. August


Über die Stadt Kalmar werde ich dieses Mal keinen Post schreiben, denn es gibt in diesem Blog bereits mehrere aus den vergangenen Jahren und zuletzt von der Hinreise dieses Törns mit Datum von 17. Mai.

Heute geht es Mal um ein ganz anderes Thema - Die Bootstechnik und den Pfusch der Bootshersteller. Speziell soll es heute aber nur um das Thema Klüsen gehen. 

Was ist eine Klüse? Dazu schreibt Wikipedia: "Eine Klüse ist eine verstärkte Öffnung in der Bordwand, dem Schanzkleid oder dem Deck eines Bootes oder Schiffes zur Durchführung von Ketten, Leinen oder Trossen."

Auf unserer Ari gibt es sechs von ihnen. Durch die Klüsen werden unsere Festmacherleinen nicht nur durchgeführt, wie oben beschrieben. Eine Klüse ist auch gleichzeitig immer ein Umlenkpunkt für die Kräfte, die auftreten, wenn ein Boot oder Schiff mit einer Leine oder Trosse an Land, zum Beispiel einem Kai oder Schwimmsteg, festgemacht wird.

Wie im Post vom 6. August beschrieben, können beim Festmachen eines Bootes große Kräfte auftreten, insbesondere wenn Starkwind oder Sturm bzw. Wellengang in einem Hafen herrschen. Diese Kräfte entstehen durch das sich im Sturm oder Wellengang bewegende Boot oder Schiff.

In unserem Fall sind die Festmacher zunächst an Bord auf einer sogenannten Klampe belegt (festgemacht), wie auf nachfolgendem Foto zu sehen ...


Über die Festmacherleine wird die Kraft des sich bei Wind und Welle bewegenden Bootes zunächst an die Klüse übertragen, durch die sie an Land geführt wird.

Eine Klüse

Von der Klüse aus, wird nun die Festmacherleine an Land zum Beispiel auf einem Poller oder auch Befestigungsringen belegt. Man benötigt für ein Boot, je nachdem auf welche Art und Weise man anlegt, mindestens zwei solcher Festmacherleinen, oft auch drei oder vier, damit ein Boot oder Schiff sicher bei Wind und Welle im Hafen liegen kann.

Eine dieser Klüsen ist nun bei uns über Wochen Stück für Stück fast aus dem Deck gerissen, weil die wind- und wetterbedingten Belastungen an solchen Bauteilen (Beschlägen), schon sehr hoch sein können. Ari wiegt voll beladen an die 10 Tonnen. Man kann sich vorstellen, dass so eine Segelyacht, wenn sie durch Wind und Welle in einem Hafen in Bewegung versetzt wird, schnell Mal einige hundert Kilogramm, möglicher Weise auch über eine Tonne an Belastung über die Festmacher an Klampen, Klüsen und die Befestigungen am Kai weiterleiteten kann. Ich bin weder Bootsbaumeister noch Schiffsarchitekt und habe daher keine konkreten Berechnungsmöglichkeiten, was solche Belastungen betrifft.

Was ich jedoch zweifelsfrei beurteilen kann ist die Tatsache, dass die vom Hersteller Bavaria verbauten Schrauben oder sollte ich besser sagen "Schräubchen", keine Chance hatten, solche Belastungen an der Klüse dauerhaft zu überstehen. 


Offensichtlich ist man bei Bavaria der Auffassung, dass drei der oben gezeigten Schrauben mit einem Durchmesser von 6 mm genügen, um einer Klüse an Deck die nötige Festigkeit zu geben, hunderten von Kilogramm Belastung zu widerstehen.

Ich kann die Antwort vorwegnehmen. Nein, diese Schrauben widerstehen der Belastung nicht. Die linke Schraube sitzt in der Mitte der Klüse und ist durch die Querbelastung abgescheert. Die Rechte hat es aus dem Deck gerissen. Dazu gehört auch nicht viel Kraft, denn die Schraube ist nur 25 mm lang und das Deck an dieser Stelle keine 15 mm dick. Die dritte Schraube steckte noch lose im Deck. Vermutlich wäre selbst einem Heimwerker klar gewesen, dass diese Konstruktion, was das Kräfteverhältnis zwischen den drei Schrauben und einem Festmacher unter hoher Last betrifft, nennen wir es: optimistisch geplant erscheint?

Ich habe dann heute mit Bordmitteln eine Art Notreparatur durchgeführt, die ich im Folgenden kurz beschreiben möchte.

Die Befestigungslöcher, die die Klüse auf dem Deck halten, habe ich zunächst auf 8 mm aufgebohrt ...


Mit einem 16 mm Bohrer wird dann jedes Schraubenloch oben angesenkt, damit später eine Senkkopfschraube bündig eingesetzt werden kann.

Einsetzen der M8-Senkkopfschrauben (also Schrauben mit metrischem Gewinde anstelle der bisher werkseitig verwendeten "Blechschrauben").


Diese Konstruktion hat den großen Vorteil, dass die M8-Schrauben durch das Deck gesteckt und von unten mit einer Mutter gesichert werden, während die Blechschrauben einfach nur ins dünne Deck geschraubt wurden, was dauerhaft gar nicht funktionieren kann!



Jetzt werden die Muttern von unten gegengesetzt. Ich verwende 30 mm lange "Langmuttern", da man diese in der ungünstigen Umgebung des Ankerkastens besser zu fassen bekommt, um sie festzuziehen.


Leider habe ich an Bord nur jeweils zwei dieser Schrauben und Langmuttern, so dass ich zu Hause noch einmal nacharbeiten muss.


So sieht das Ganze dann von der Unterseite im Ankerkasten aus ...

Hier einmal der direkte Vergleich. Links die Bavaria-Originalschraube. Rechts eine M8-Gewindeschraube ...

So sieht das dann nach meinem Umbau auf der Steuerbordseite aus ...


Das hier ist übrigens die gleiche Klüse am Backbord-Bug. Gut zu erkennen ist, dass die mittlere Schraube ebenfalls bereits abgescheert oder gebrochen ist und damit keine Last mehr trägt.



Ein Blick von der Außenseite auf die Klüse am Backbord-Bug zeigt, dass sich die eigentlich bündige Konstruktion durch die beim Festmachen wirkenden Kräfte, bereits um mehrere Millimeter nach außen gezogen wurde. Ein Fall für das Winterlager, sofern die Originalkonstruktion überhaupt noch bis dahin durchhält. Hier in Kalmar habe ich selbst im Bootsbedarf keine passenden Schrauben bekommen, um das gleich fachmännisch selbst instandsetzen zu können.

Aber es ist ja nicht nur Bavaria, die im Bootsbau wider besseren Wissens konstruieren. Hauptsache das Boot übersteht die Garantiezeit. Hanse, Dehler und wie sie alle heißen, machen es auch nicht besser.


Da muss zum Abschluss noch etwas Positives her. Ich schwärme doch immer so für den Blumenschmuck in schwedischen Häfen. In Kalmar sieht es dieses Jahr direkt vor meinem Liegeplatz so aus ...


 

Bleibt mir gewogen und weiterhin neugierig.

Euer Harry



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