Montag, 7. August 2023

06. August 2023, Byxelkrok

Sonntag, 06. August


Schreibt man über so einen Tag überhaupt einen Post? Ich bin immer noch in Byxelkrok und wettere ab (Link: ABWETTERN). Gestern hatte ich mich noch mit einem älteren Segler-Ehepaar unterhalten. Sie erklärte mir, sie wolle mit ihrem Mann die Chance nutzen, um mit dem Nordwind am heutigen Sonntag in den südlichen Kalmarsund zu gelangen. 

Klingt erst einmal gut und als ich wieder an Bord der Ari bin, schnappe ich mir das Tablet und plane die mögliche Route. Infragekommende Häfen wären da Kristianopel am Festland, bzw. Grönhögen auf Öland. Distanz bis Grönhögen: rund 71 sm, etwas über 130 km. Bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 6 Knoten (= 6 sm/h) wäre das ein Törn über rund 12 Stunden. Soweit okay.

Dann wäre da noch das Wetter. Sie sagt ganz locker zu mir: "Ja, wir haben dann 6 Bft!"   Als Rückenwind in der Tat nicht so tragisch, aber hinzukommen ja noch die Böen, die gegen 17:00 Uhr (siehe Wetterkarte unten - roter Pfeil) 35 kn, also 8 Bft ausmachen. Es sind also Sturmböen. Im Kalmarsund ist auch keine allzu hohe See zu erwarten, da sich durch die Trichterform des Sundes und die dicht angrenzenden Landmassen keine große Welle aufbauen kann. ABER: Irgendwann muss man ja auch wieder anlegen. Egal ob in Kristianopel oder Grönhögen ist das bei diesem Wind/Sturm mindestens eine echte Herausforderung, insbesondere, wenn man alleine segelt. Nein, denke ich so bei mir, das lasse ich mal schön bleiben.

Den Messpunkt für die Wetterangaben gemäß nachfolgender Grafik, hatte ich hier auf halbem Wege zwischen Byxelkrok und Kalmar gesetzt (siehe weißes Kreuz mit rotem Punkt in der Mitte) ...


Also beschäftige ich mich heute, Sonntag erneut mit einer möglichen Törnplanung für Montag, den 07. August. Und weil man nicht den ganzen Tag im Boot sitzen kann entscheide ich mich, trotz des Regens einfach einen Spaziergang durch Byxelkrok zu machen. 

I`m walking in the rain!

So sieht es momentan aus, wenn man aus dem Boot, den Niedergang hoch kommt ...

Kein starker Regen. Mehr ein gleichmäßiges nieseln, böiger Wind, aber es ist wenigstens nicht kalt.

Zu Beginn schaue ich mir noch einmal vorsichtshalber alle Festmacher an, denn heute Nacht gibt es den oben erwähnten Starkwind bzw. Sturm aus Nord.

Hier am Bug (Foto unten), gehen von beiden Bootsseiten Festmacherleinen auf den Poller am Kai. Nicht weil eine Festmacherleine alleine nicht halten würde, aber so verteilt sich die Last besser. Das gleiche, ganz unten, noch einmal am Heck.


An Backbord (der linken Bootsseite in Fahtrichtung) habe ich zwei sogenannte "Springs" gelegt. Jede Spring ist bei mir mit einem Gummidämpfer versehen (siehe roter Kreis), um die Spitzenbelastungen in den Böen abzufedern. Der gerade erst erneuerte Gummidämpfer an der Vorderspring war übrigens nach der Nacht durch die Belastungen zerrissen. Allerdings war wohl nicht der Wind direkt das Problem, sondern die Wellenbewegung innerhalb des Hafens.


Die Achterspring, ebenfals mit Gummidämpfer (Foto unten) ...

Und die beiden Festmacher am Heck ...

Das Boot wird jedoch nicht wirklich am Kai festgemacht, denn es benötigt in den Böen und Wellen seine "Bewegungsfreiheit". Es muss also am Liegeplatz etwas schwoien können. Die Kunst besteht darin, die Festmacherleinen so zu platzieren und genau so fest bzw. lose zu machen, dass das Boot, bevor es eine Leine maximal belastet (streckt), bereits von einer anderen "umgelenkt" wird und die Kräfte somit umgeleitet und verteilt werden. Das ist jedoch nur bis zu einem gewissen Grad möglich. Irgendwann, wenn der Wind stark genug oder die Wellenbewegung heftig genug ist, ist auch die Dehnungsfähigkeit der Gummipuffer bzw. der Festmacherleinen selbst, ausgeschöpft und dann gehen die Bewegungskräfte knallhart durch auf den Bootsrumpf bzw. die Beschläge, die dort die Kräfte aufnehmen sollen, über. Und da knackt im schlimmsten Fall schon Mal ein Beschlag aus Überlastungsgründen weg, wie bei uns bereits am Bug geschehen. Ari wiegt voll beladen knapp 10 Tonnen. Wenn die erst einmal durch Wind und Welle in unkontrollierte Bewegung geraten, werden ungeahnte Kräfte freigesetzt.

Noch ist ja nichts passiert und ich mache mich auf den Weg - frei nach dem von mir so geliebten Motto: "Mal sehen, was sich so entdecken lässt!"


Mit dabei, eine unserer GoPro`s, denn die sind wasserdicht (wenigstens bei Regen).

Am Strand neben dem Hafenbereich bläst der Wind schon ganz ordentlich und die Wellen rollen bereits gegen die Befestigungen der Hafenanlage.











Irgendwann wird es dann doch zu ungemütlich und ich trete den Rückweg an, um nicht nur mich im warmen Boot wieder aufzuwärmen, sondern auch die Kleidung zu trocknen ...

 

Am frühen Abend kommen dann die ersten Starkwindböen in den Hafen, gefolgt von Starkregen (Foto unten) und einem Gewitter zum Abschluss.
 

 

Nach meiner abendlichen und abschließenden Törnplanung, soll es nun am Montag Morgen weiter gehen. Ich stelle meinen Wecker auf 06:00 Uhr, denn ich sollte aus verschiedenen Gründen nicht nach 16:00 Uhr in meinem Zielhafen Kalmar ankommen. Die geplante Fahrzeit beträgt 08:00 Stunden, also muss ich spätestens um 08:00 den Hafen Byxelkrok verlassen haben.

Doch es wird eine schlaflose Nacht, obwohl ich todmüde bin. Der Starkwind treibt die Wellen so ungünstig durch die ungeschützte Hafeneinfahrt, dass sich Ari alle paar Minuten so aufschaukelt, bis die Festmacherleinen an ihre Elastizitätsgrenze kommen und die restliche Bewegungsenergie knallhart an das Boot weitergegeben wird. Es kracht an allen Ecken und Ende des Bootes und jedes Mal werde ich von diesem Geräusch wach, wenn wieder ein Festmacher durchschlägt. Abgesehen vom Wachwerden bereitet es mir auch persönliche Schmerzen, wenn ich an die gewaltigen Kräfte denken muss, die hier freigesetzt werden und wie dabei das Material leidet. Das eine oder andere Mal stehe ich auf. Tatsächlich wirft es mich hier und da um, wenn ich mich mal nicht festhalte, da die Bootsbewegungen an irgendeinem Punkt ruckartig von den Festmachern aufgestoppt werden und das Material anfängt zu krachen.

Um 06:00 klingelt dann der Wecker - aber das ist ja schon die Einleitung zum morgigen Post.

Bleibt weiterhin gespannt - ich bin es auch ...


Euer Harry




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