Mittwoch, 23. August 2017

21./22.08.17 Seefest

Seefest ist ein zweideutiges Wort.
Als Substantiv steht es für enorm viel Spaß auf dem Wasser. Den hatten wir an allen vier Tagen, passt also bestens.
Aber als Adjektiv steht es für einen stabilen Magen - und den konnte ich nicht so richtig bieten. Aber ich greife schon wieder vor. Am Anfang des dritten Urlaubstages angefangen:

21.08.217 Ystad (Schweden)


Ystad liegt regenschwer im Morgenlicht. Es hat bis in die Nacht immer mal wieder geregnet. An Deck perlen große Wassertropfen in der matten Sonne. Vom Strand hinterm Anleger hört man die Wellen rauschen - was für ein Morgen!
Das Wetter ist so beständig wie schon das ganze Jahr nicht. Wir haben wieder 4-5 Bft Wind in der Wettervorhersage, nur diesmal aus Nordwest (an beiden Vortagen kam er aus Südwest). Das heißt für uns wieder halber bis raumer Wind (von der Seite bzw. von schräg hinten), da wir fast genau 180 ° nach Süden wollen. Die Welle ist nochmal ein wenig höher angegeben als am Vortag und sollte mit durchschnittlich(!) 1,50 m für genug "action" sorgen.

Wir verlassen den Yachthafen von Ystad gegen halb zehn. In der Einbuchtung des südschwedischen Festlandes dümpelt der Wind mit schlappen 3 Bft und kommt eher aus Richtung West, was ihn für einen Segelwind eher von schräg vorn macht (um dies zu erklären, müsste ich ziemlich in die Segelphysik abdriften, das wird leider etwas zu lang und ist mit Worten allen schlecht zu beschreiben).


Parallel zu uns verlässt ein schöner Traditionssegler den großen Hafen in Ystad. Schon kurz danach folgt eine moderne Fähre - die beiden nebeneinander ergeben einen schöner Kontrast:


Beim genauer Hinsehen erkennt man auf dem großen Segler, wie die Mannschaft in den Rahen arbeitet, um die Segel zu setzen. Was lobe ich mir unsere Rollsegelanlagen, die man beide direkt aus dem Cockpit heraus mit Leinen bedienen kann. Da oben möchte ich nicht bei jedem Wetter stehen müssen:


Nach und nach kommt Wind auf und setzt sich erstmal für eine ganze Weile bei 4 Bft fest. Die Welle ist mit ca. 0,75 m akzeptabel und wir rauschen gen Rügen. Nach dem ersten Wachwechsel sitze ich im Cockpit rum und merke, dass das irgendwie nicht mein Tag ist. Die erst leichte Schräglage geht mir auf den Keks, ich habe eigentlich gar keine Lust auf die mindestens siebenstündige Tour, das Wetter soll ja auch noch rauer werden und überhaupt ... Seekrankheit zeigt sich bei jedem Menschen anders. Bei mir genau so! Dazu kommt wohl oder übel auch ein rebellierender Magen. Die leichte Übelkeit kann ich noch lange unterdrücken, das geht leicht mit etwas Ablenkung und einer sofort eingenommenen Reisetablette. Als jedoch Hände und Füße ganz eicht anfangen zu kribbeln, steht alles auf Alarm. Das ist bei Harry und mir gleich: gesellen sich Kreislaufprobleme zur Übelkeit, dann geht es meist ganz schnell. Ich springe regelrecht auf und sage zu Harry nur "ich muss ans Steuer". Er übergibt es mir sofort, ohne weitere Frage. Noch ein paar Fakten (aktueller Kurs und eventuell kreuzender Schiffsverkehr, der beachtet werden sollte) und schon lässt er mich in Ruhe. Wir kennen das beide. Es ist eigentlich beeindruckend, wie sehr man sich mit Konzentration auf etwas anderes als sich selbst ablenken kann. Seekrankheit ist viel Kopfsache. Nach ungefähr 20 Minuten am Steuer kann ich schon wieder grinsen - ist mal wieder gut gegangen. Ich nehme die zweite Reistablette etwas früher als empfohlen und bin für dieses Mal verschont geblieben.
So können wir die zweite Hälfte der rund 50 Seemeilen Strecke bei stärker werdendem Wind mit satten 5 Bft und Wellen bis zu 2 m richtig genießen. Dazu blauer Himmel und Sonnenschein - ein weiterer perfekter Segeltag.




Harry kann nicht mehr aufhören zu grinsen. Es macht einfach nur Spaß. Zwar wird es knapp 15 Seemeilen vor Rügen schon richtig rau, aber Ari läuft, lässt sich gut steuern, denn die Segel sind leicht gerefft (also die Segelfläche wurde durch einrollen der Segel verkleinert).

Allerdings zeigt sich die Welle ziemlich keck. Mittlerweile direkt von der Seite kommend schaut sie locker über den gut einen Meter hohen Rand des Bootes. Fast so, als wollte sie nachsehen, ob sich ein Übersteigen der Bordwand und ein Besuch im Cockpit lohnt. Zwei, drei von ihnen zogen das auch gnadenlos durch und landeten ihre Gischt mit großem Platsch - auf uns. Wir nahmen das mit breitem Grinsen hin und sahen zu, dass das nicht allzu oft passiert. Wenn man diese Wellen anrollen sieht, kann man ihnen mit ein wenig Geschick am Steuer auch aus dem Weg gehen.

Hier ein kleines Beispiel, welches es nicht ganz ins Cockpit geschafft hat.
Wieder vor dem Hafen Lohme angekommen, holten wir die restlichen Segel ein. Mehr schlecht als recht, der starke Wind und die selbst so nah am Land recht hohe Welle machten es uns nicht gerade leicht. Im Hafen mussten wir dann feststellen, dass der Wind fast ungebremst durch das Hafengelände düste. Beim Einfahren in die Box kam er dann direkt auf die Seite - na, das kann ja ein Spaß werden. Da es das Wetter draußen nicht zuließ, ließen wir uns an die Dalbenreihe der Boxen treiben und machten sozusagen am Straßenrand fest, um unser Boot vorzubereiten. Dazu wurden die Leinen vorbereitet, die Fender liegen verteilt an Deck und der Bootshaken wurde aus seiner Halterung genommen. Wir sprachen alles durch, legten ab und Harry fuhr Ari in eine freie Box. Aber nur bis zur Mitte des Bootes .... der Dalbenabstand war doch tatsächlich nur wenige Zentimeter zu schmal für unser Boot, wir steckten fest. Na toll - und das bei diesem Wetter. Harry zottelte das Boot mit Hilfe des 55-PS-starken Motors wieder heraus und machte das einzig Richtige. Raus aus der Boxengasse, im Vorhafen eine Wende gefahren und die Boxen nochmal völlig neu angesteuert. Alles andere bringt bei solchem Seitenwind nichts. Die Gasse im Hafen ist für ein 12m-langes Boot viel zu schmal, als darin abenteuerliche Rangierversuche im Wettstreit mit dem Wind zu fahren. Im zweiten Anlauf in die benachbarte Box flutschten wir rein und machten mit Hilfe der am Steg wartenden Segler anderer Boote fest. Das ist übrigens auch normal: gerade bei solchen Bedingungen wird keiner mit seinem Boot alleine gelassen. Jeder weiß, wie schwierig es ist, bei starkem Seitenwind in eine tiefe Box zu kommen, ohne sein Boot, das seiner Nachbarn oder die Steganlage zu beschädigen. Vor allem, wenn Alleinsegler reinkommen, steht - übertrieben gesagt - der halbe Hafen am Steg und bietet seine Hilfe an.


Wegen des Wetters gut angezogen, heizten wir im Gewusel des Anlegemanövers und kräftigem Leinengezerre ordentlich hoch und waren dementsprechend durchgeschwitzt. Die Aktion wurde deshalb erstmal bei einem Anlegerbier verdaut.

Beim späteren Kochen des Abendessens musste ich tatsächlich den kardanisch aufgehangenen Herd aus seiner Verankerung befreien und schwingen lassen, weil wir selbst im Hafen Schräglage hatten.

Geschlafen haben wir natürlich recht schnell. Wegen der Geräuschkulisse allerdings nicht so gut. Ich war ab 4 Uhr wach und kaute in Gedanken auf den Terminen der kommenden Woche rum. Klar, dass ich am folgenden Tag müde in die Gegend schaute und so gar keine Lust hatte, abzulegen - am Morgen rauschten immer noch die gleichen 5 Bft durch den Hafen wie am Vortag. Ich hatte keine Lust auf das gleiche Theater.




22.08.17
Was für ein Wunder - der Wetterbericht behält Recht.
Gegen Mittag flaut der Wind etwas ab und rutscht auf 4 Bft. Wir halten beide unsere Nase in den Wind. Harry hat auch schon einen genialen "Ablegeplan". Kaum 30 Minuten später legen wir butterweich ab und fahren ohne Probleme aus der Box und aus dem Hafen. Die Welle ist noch recht hoch. Wir setzen nur das Vorsegel und lassen uns vom Rückenwind um die Ecke bis zur Stubbenkammer schieben. An der nordöstlichen Ecke Rügens nehmen wir das Großsegel dazu und Ari kommt langsam auf Fahrt. Die Ostseite Rügens macht schon mehr Spaß. Wir haben jetzt Halbwind und schon geht es mit gut 8 Knoten gen Süden. Der Spaß wächst mit jeder Meile. Auch ich werde langsam fitter. Harry übernimmt die etwas anstrengende Segelstrecke, ich werde die später nicht zu vermeidende Strecke unter Motor übernehmen. Zum Fotografieren reicht meine Fitness jedoch aus ....



Im Fahrwasser südöstlich von Rügen müssen wir hart an den Wind gehen, was die Schräglage des Bootes erhöht. Da steht Harry auf einmal eine ganze Etage unter mir ...


... während Ari durch die Wellen pflügt ...


... und ich mich oben auf der Kante austobe. Schöne Aussicht hier :)

Die Querung des Greifswalder Boddens und auch die restliche Fahrt den Strelasund hoch bekommen wir den Wind direkt auf die Nase. Da wir keine Lust haben, bis in die Nacht hinein zu kreuzen, legen wir diese Strecke unter Motor zurück. Am Ende des Tages werden wir gut zwei Drittel des gesamten Weges gesegelt sein - damit können wir leben.
Die Sonne bereitet sich auf den Abend vor und schafft im Zusammenspiel mit den aufziehenden Wolken eine schöne Atmosphäre. Wir sind weit und breit das einzige Boot:


Für den besseren Überblick stelle ich mich links und rechts auf die Cockpitbank, da ich nicht über die Sprayhood gucken kann - da fehlen mir einfach in paar Zentimeter. Der Autopilot hält den Kurs und ich gucke, das er das auch richtig macht. Harry liegt auf der Cockpitbank und genießt, wie auch ich, diesen Abschluss unseres Vier-Tages-Törns. 200 Seemeilen sportlicher Segelspaß bei bestem Wetter.
Mehr kann man einfach nicht verlangen.


Am Mittwochmorgen müssen wir leider unterbrechen und zurück nach Hause fahren. Die ersten Termine und Verpflichtungen stehen an.
Aber wir werden nach ein paar Tagen zu Ostsee und Boot zurückkehren.




Sonntag, 20. August 2017

19./20.08.17 Purer Segelspaß

19./20.08.2017

4 Wochen Urlaub - das ist schon mal gut. Leider haben wir in dieser Zeit auch einige Termine in Berlin zu beachten. Somit bleibt keine Zeit, für einen längeren Segeltörn. Wir begnügen uns mit kurzen Ausflügen, das Ziel ist egal, Segeln wird zur Hauptsache erklärt.

19.08.2017
Entspannt starten wir ab Heimathafen Neuhof. Es ist irgendwie toll, kein Ziel und keinen Plan zu haben.
Wir trullern den Strelasund runter. Noch steht der Regen der Nacht als Dunst auf dem Wasser, aber die Sonne kämpft sich mehr und mehr durch.



Der Tag soll uns laut Wetterbericht mit Wind um 4-5 Bft und viel Sonne verwöhnen.
Wir queren den Greifswalder Bodden, die Sonne kommt endgültig durch und der Wind entspricht auch den Vorhersagen. 4 Bft von "schräg hinten" schieben Ari durch das Fahrwasser südöstlich von Rügen. Hier geht uns der Wind ein wenig ein, weil er schlichtweg an der Landabdeckung durch den südöstlichen Zipfel der Insel scheitert.
Mit ausreichend Abstand fahren wir die Ostseite Rügens hoch; vorbei an den Ostseebädern Baabe, Sellin und Binz. An der großen Bucht vor Saßnitz kommen Wind und Welle das erstmal so richtig auf Fahrt. 4-5 Bft und eine Welle bis knapp einen Meter machen sich bemerkbar - wir haben Spaß.


Eine Regenwolke verdunkelt die Kreisefelsen kurz vor der Stubbenkammer
Am Nordende Rügens unser Punkt der Entscheidung: weiterfahren bis Ystad oder im Hafen Lohme festmachen?
Meine fehlende gesundheitliche Fitness entscheidet für Lohme und wir biegen links ab.Drei Seemeilen vor dem Hafen ist die kreidige Steilküste zuviel für den Wind - er gibt auf und wir werfen den Motor an. Gut so, denn es zieht gerade ein Schauer über die Insel Richtung Kap Arkona - den müssen wir ja nicht unbedingt abbekommen.
Der eigentlich südwestliche Wind dreht sich um Arkona herum und kommt im Hafen Lohme als Westwind durch die Boxengasse.
Wir meistern den Anleger in der sehr tiefen Box und machen nach knapp 47 sm und siebeneinhalb Stunden Fahrt fest. Jetzt aber ein Anlegerbier - OK, ein geteiltes, der Magen ist ziemlich leer.
Während Harry den Liegeplatz für die Nacht beim Hafenmeister bezahlt, koche ich einen großen Topf "Miracoli", den wir anschließend verputzen. Seit dem Frühstück gab es nur einen Knoppers für jeden, der Hunger ist groß.
Danach fallen wir ins "Verdauungs-Koma". Wir schaffen jeder noch ein weiteres Glas Rotwein und zusammen einen halben Tatort von der Festplatte ...gegen 20.30 Uhr plumpsen wir müde ins Bett. Noch einen Blick durchs Kojenfenster ...



20.08.2017
Früh rein, früh raus. Halb sieben bin ich putzmunter und herrlich ausgeschlafen. Morgentoilette und anziehen, den Ofen für frische Brötchen vorgeheizt, den Heizlüfter gestartet (14°C, brrr) und raus in die Sonne. Über dem Hafen Lohme liegt der Zauber eines schönen sonnigen Morgens.

Die Landspitze rechts im Bild ist Kap Arkona

Harry sieht erst kurz vor dem Frühstück, wie früh es eigentlich ist. Ich grinse und freue mich auf eine frühe Abfahrt - wir haben uns Ystad in Südschweden als nächsten Hafen ausgesucht. Das Wetter wird mit hauptsächlich Sonne, erst am Abend Regen und um die 5 Bft angesagt. Mitten auf dem Wasser zwischen Rügen und Südschweden soll die Welle 1,10 m erreichen - das ist OK.
Kurz vor halb neun Uhr legen wir in Lohme ab. Bei strahlend blauem Himmel setzen wir kurz nach der Hafenausfahrt die Segel. Noch pendelt der Wind zwischen 3 und 4 Bft. Das ist in Ordnung - er kommt wieder aus Süwest und hat im Moment noch das Kap Arkona vor der Nase. Kaum daran vorbei, frischt alles auf. Der Wind steigert sich auf 4-5 Bft und die Welle wird höher und höher. Als der Meilenzähler mit 26 sm Halbzeit anzeigt, haben wir dauhaft kräftige 5-6 Bft, gerne auch mit einem Ausreisser in die 7 Bft und eine durchschnittliche Welle von ca. 1,50 m. Mittedrin immer wieder 3er- oder 6er Gruppen von Freaks - höheren Wellen mit schätzungsweise gut 2m Höhe, welche uns zusammen mit den 7er Böen ordentlich einheizen.Der stärkste Wind wird Harry in seiner Wache mit über 32 Knoten Geschwindigkeit angezeigt - das ist knapp vor Sturmbeginn.
Trotzdem macht die Fahrt Spaß. Ari lässt sich gut steuern, es erfordert nur sehr viel Konzentration und mit den Stunden körperliche Fitness. Die Welle läuft von schräg hinten auf  und Ari wird über alle nur erdenklichen Achsen geschaukelt.
Wir wechseln uns - bis auf eine Ausnahme - am Ruder stundenweise ab, um das gut zu packen. Ari düst mit durchschnittlich 8 Knoten durchs Wasser. Der schnellste Surf, an einer großen Welle hinab, bringt 12,6 Knoten auf dem Tacho.  Holla - da rauschte aber ein ordentliche Heckwelle hinter unserem Boot.
Ich kann so schlecht über die Sprayhood (Abdeckung über dem Niedergang) gucken ...

Seltsame Situation: der Große wird von zwei militärisch aussehenden Motorbooten begleitet

Quirliges Wasser und aufkommenden Regen im Nacken, aber Harry stört das (noch) nicht :-)
6 sm vor Ystad kommt von Westen her ein Regengebiet auf. Es komt schnell, sehr schnell näher. Der Regen an Land zog schneller durch, der übers Wasser bummelte noch ein wenig. Um ein Haar hätten wir es geschafft, zwischen den Niederschlägen trocken durchzukommen.

Gleich wird der Hafen von Ystad abgespült - gut so, wir sind gleich da

2 sm vor dem Hafen bekommen wir doch noch einen winzigen Schauer ab. Die Segel bergen wir fast trocken und ohne große Erschwerniss. Da hatte ich vorher, bei dem immer noch starken Wind, mehr Schwierigkeiten erwartet.
Mit dem letzten Schubs einer Welle düsen wir in den Hafen Ystad. Am Kai ist genau noch ein Platz frei. Harry dreht eine elegante 180°-Wende auf engstem Raum und wir legen bei kräftigem Seitenwind ohne Probleme an. Wir haben 56,4 sm im Kielwasser und brauchten dafür nur 7:11 h. Das ergibt eine Durchnittsgeschwindigkeit von 7,6 Knoten - whow!

Nach dem Regenschauer ist vor dem Regenschauer ...
Wir schaffen es kaum, das am Steg tänzelnde Boot vernünftig zu vertäuen, da zieht schon der nächste Schauer auf.
ZeIt für ein kleines Anlegerbier und für die Vorbereitung des Essens. Wir backen uns eine große, sehr einfache Pizza aus Fertigteig und schaffen sie tatsächlich komplett aufzuessen. Bei den quirligen Zuständen draußen auf der Ostsee haben wir das Essen den ganzen Tag über vergessen.
Jetzt liegen wir faul und ziemlich angematscht im Salon rum und lauschen den einlaufenden Welle vom Strand hinter der Seebrücke durch den offenen Niedergang des Bootes.
Wir wissen noch nicht, ob wir schon morgen oder erst am Dienstag wieder zurückfahren.
Solange ich am Donnerstag früh pünktlich am Hauptbahnhof stehe, ist alles andere (fast) egal ...


Sonntag, 13. August 2017

13.08.2017 Zweiter Saisonstart mit Verstärkung

Nach fünf Wochen Segel-Abstinenz und insgesamt 10 Wochen nach meinem Unfall waren wir nun endlich wieder an Bord. Der Skipper war schon unter der Woche zum Boot gefahren, um die neue Batterie einzubauen. Um die Kosten gering zu halten und nicht mit zwei Autos zurückfahren zu müssen, kam ich mit dem Flixbus nach Stralsund, um mich dort von ihm abholen zu lassen.
Aber ich kam nicht allein. Mit mir waren meine Schwiegermutter Lilo und Harrys Junior, Dennis, an Bord.



Beide werden das Boot zum erste Mal sehen. Irgendwie hat es bisher nicht geklappt bzw. war der Respekt vorm Segeln auf der Ostsee zu groß. Jetzt war die Vorfreude groß.

Nach der ersten Nacht in der Koje und einem schönen Frühstück steckten wir die beiden in Segelkleidung, passten ihnen die Rettungswesten an und wiesen sie in die grundlegenden Sachen an Bord ein. Ein erstes "Mannschaftsfoto":


Ja, das Wetter war eher bescheiden. Bedeckt und grau, zeitweise Nieselregen, aber sehr schöne 4 bis 5 Bft aus Südwest. Unser Ziel war Lauterbach im Rügenschen Bodden. Auf diesem Kurs heißt das raumer Wind (von schräg hinten und später Halbwind).

Kaum auf dem Bodden und die ersten Stunden Seeluft an Bord geschnuppert, schon stand unser Junior Dennis am Ruder. Gar nicht so leicht bei den 5er Böen ...


... aber schon nach kurzer Zeit hatte er alles so im Griff, dass sich der Vater entspannt zur Seite setzen konnte ...


Bei den heftigsten Schauern war Lilo (78!) so schlau, sich einfach in den Niedergang zu stellen und von dort, trocken und bester Laune, die ganze Sache zu dokumentieren:


So konnte sie, bereits eingewiesen ins kommende Anlegemanöver, gelassen die Einfahrt in den Hafen vom Vorschiff aus beobachten. Dieses Foto hat doch was, irgendwie zwischen cool und elegant ....


Im Hafen Lauterbach nach gut dreistündiger Fahrt und 19 sm Törnstrecke angekommen, gab es eine kurze Knotenlehrstunde zum Befestigen der Fender:



Wir lobten unsere beiden Novizen für das gute Anlegemanöver - trotz des Seitenwindes haben wir einen sauberen und vor allem ruhigen Anleger hingelegt.
Danach gönnten wir uns ein leckeres Fischbrötchen und ein zünftiges Anlegerbier.


Wat hatten wir einen Hunger! Die Stimmung war richtig gut. Jeder war mit dem Törn hierher zufrieden. Keiner war seekrank geworden, alle hatten Spaß am Wind, der erst kurz vor der vorgelagerten Insel Vilm auf 3-4 Bft runterkam.

Am Abend gab es selbstgemachte Pizza und Rotwein, die Fotos des Tages wurden durchgesehen und noch ein wenig gequatscht, bis alle selig müde in die Koje fielen.

Am nächsten Morgen holte der Wind noch etwas Schwung, was uns einen lauen Morgen unter dem Hochnebel bescherte. In der Nacht hatte es geregnet und Rügen dampfte ordentlich ab. Mit dem aufkommenden Wind ab ca. 9 Uhr verflog der Nebel und die Sonne gewann immer öfter gegen die graue Masse am Himmel. Die angesagten 4- 5 Bft aus Nordwest erwarteten uns bereits, als wir den Hafen verließen. Da unsere Neulinge am Vortag schon bewiesen, dass sie etwas Schräglage vertragen, ließen wir es heute mal richtig angehen:

Dennis und ich auf der hohen Kante, die Füße am Cockpit-Tisch abgestützt
Auch wenn es auf Lilos Gesicht hier nicht so aussieht - die Stimmung an Bord war heiter und sehr entspannt. Die dicken 5er Böen wurden mit Grinsen weggesteckt. Ari lief trotz der Schräglage, hoch am Wind, mit 8 ktn sauber durch die noch recht flache Welle.


Auch der Anleger im Heimathafen Neuhof lief bei stehenden 5 Bft im Hafen ab, als hätten wir das ganze Wochenende nichts anderes gemacht. Super - darauf ein klitzkleines Anlegerbier im Cockpit und dann aber hungrig hoch zum Hafenimbiss am Angelladen, leckeren Fisch futtern. Dazu gönnten wir uns ein kühles "Störtbeker Schwarzbier".


Wir haben uns wirklich gefreut, dass sich nach unseren beiden "großen Kindern", Denise und Keno, auch Lilo und Dennis als ordentlich seefest und als angenehme Mitreisende erwiesen. Ihr vier seit weiterhin jederzeit gern an Bord gesehen!