Freitag, 17. September
In der Nacht hat der Regen ordentlich gepladdert und Ari von Ihrer Salzkruste befreit. Als wir am Morgen aufstehen, ist alles noch triefend nass und der Himmel grau. Wir frühstücken unter Deck, wo wir ein wenig eingeheizt haben. Wir sind heute spät dran und wir wollen spät dran sein, um einen möglichst günstigen Wind für unseren letzten Schlag dieses Urlaubstörns zu haben, aber vielleicht auch deswegen, damit wir noch ein bisschen länger unterwegs und nicht schon am Ziel sind, was ja gleichzeitig das Ende dieses Sömmertörns bedeuten würde.
Erst kurz nach elf starte ich den Diesel und wir holen ein letztes Mal auf diesem Törn die Festmacherleinen ein. Zuerst in Lee (der windabgewandten Seite) wo die Leinen ohne Last sind. Dabei steht Katrin immer am Bug und ich am Heck, weil ich gleichzeitig das Boot steuere, sofern wir am Liegeplatz nach dem Lösen der Festmacher vertreiben sollten.
Wir schauen uns beide an und nicken uns zu; das Signal auch die beiden Luv-Leinen zu lösen, die im Augenblick noch alleine das Boot gegen den Wind ankämpfend an seinem Platz halten. "Leinen los!" ist das Komando und "Wir sind frei!" die Rückmeldung, sobald beide Festmacher nicht nur gelöst, sondern deren "Landende" auch wieder zurück an Bord eingeholt ist. Ich lege den Vorwärtsgang ein und Ari schiebt sich im Standgas langsam aus der Box, während ich darauf achte, dass das austreibende Heck nicht an den benachbarten Booten entlangschrammt. Währenddessen kommt mit Katrin schon mit den Festmachern , die eben noch das Boot gehalten haben, entgegen und schießt sie auf (legt sie in ordentlichen Buchten gebrauchsfertig zusammen) während wir bereits die Boxengasse entlang in Richtung Hafenausfahrt unterwegs sind.
Ich stelle fest, dass die Logge nicht funktioniert, denn unsere Geschwindigkeit beträgt laut Instrument 0,00 Knoten und der Entfernungsmesser für die zurückgelegte Distanz bleibt ebenfalls bei 0,00 Seemeilen stehen. Ein Zeichen dafür, dass das kleine Geberrad unter dem Bug blockiert ist. Seegras! Der gesamte Hafen war an den Schwimmstegen voll mit Seegras, das wegen des rauhen Wetters der letzten Tage aus dem Seegrund der benachbarten Bucht gerissen und durch den Wind in den Hafen geschwämmt wurde.
Für den Eintrag der unter Motor gefahrenen Seemeilen, schätze ich daher: "0,5" und wir tragen diesen Wert nach dem Setzen der Segel ins Logbuch ein, als ich die Maschine stoppe. In Rauschefahrt geht es unter vollen Segeln mit Kurs süd durch den Greifswalder Bodden. Es ist trübe und zeitweise regnerisch bei 16°C.
Wenn einem hinter der Fährlinie Stahlbrode eine Armada an Segelbooten entgegen kommt, darf man davon ausgehen, das etwa 90 Minuten vorher die Ziegelgrabenbrücke bei Stralsund für alle wartenden Yachten "die Pforten geöffnet" hatte.
Nach etwa halber Tagesstrecke biegen wir nordwestlich in den Strelasund ein, wo uns dann mal wieder Wind von dort erwartet, wo wir hin wollen (WestNordWest). Bei vier bis fünf Windstärken kreuzen wir daher den Sund Richtung Stralsund hoch.
Insgesamt zwölf Mal müssen wir hierzu über den Sund kreuzen und kurz vor Neuhof verlassen Katrin dann langsam aber sicher die Kräfte, die man benötigt, um die große Genua (das Vorsegel) nach jeder 90°-Wende immer wieder auf der jeweils anderen Seite des Bootes dicht zu holen und anschließend so zu trimmen, dass wir gute Fahrt gegenan (schräg gegen den Wind) machen. Da der Sund stellenweise recht schmal ist, sind manchmal die Segel kaum fertig gerimmt, da steht schon wieder die nächste Wende an. Am Steuerrad habe ich heute ein vergleichsweise leichtes Spiel, aber Katrin möchte sich das Trimmen eben auch nicht nehmen lassen.
Nach drei-dreiviertel Stunden haben wir fast 22 Seemeilen hinter uns gebracht, als wir in Neuhof einlaufen. Am Steg sehen wir schon zwei strahlende Gesichter unserer lieb gewonnenen Freunde Kenneth und Ira. Für uns ein Wiedersehen nach fast einem Vierteljahr und das fällt entsprechend herzlich aus.
Mit Champus und leckeren Häppchen, feiern wir allerdings weniger unser Wiedersehen, als vielmehr das neue Boot der Beiden, das hier im selben Hafen liegt.
Ein gelungener Abschluss unseres Sommertörns 2021, der erst irgendwann am späten Abend endet. Der Blog endet für diesen Törn noch nicht ganz, denn wir werden abschließend noch einen Post mit etwas Statistik zum Törnverlauf nachreichen.
Bleibt uns gewogen und weiterhin neugierig. Danke für´s Anschauen, Lesen und gerne auch Kommentieren.
Harald "Harry" & Katrin |