Mittwoch, 31. August 2016

30./31.08.2016 Durchgerutscht

Wegen eines Termins in der Heimat am kommenden Montag wollten wir die kurze Urlaubswoche "irgendwie mit Segeln" verbringen. Zu viele Zwischenfälle waren uns in den letzten Wochen und Tagen passiert. So machen sich zwei leicht angeschlagene Segler auf den Weg, den Frust aus dummen Verletzungen und unnötigem Stress von der Seele zu segeln.
Harry hat "Arm", ich habe "Finger" ... wir sind die perfekte Besatzung ...

Um uns keinen weiteren Stress zu machen, wollten wir gestern einfach nur nach Lohme im Norden Rügens segeln. 50 sm, perfekter Wind und Sonne - die Wetteraussichten waren gut. Und dann ging wieder dieses "eigentlich" los.
Denn eigentlich wollten wir noch in unserem Hafen tanken. Also wurde Ari bei doofem Seitenwind im Hafen an die Tankstelle bugsiert. Als wir endlich perfekt lagen, stellte sich heraus, dass Tanken nur bis 11 Uhr möglich war. Es war gerade 11:30 Uhr - perfekt! Natürlich bekamen wir nichts mehr.
Phe, noch haben wir gut 25 Liter Diesel im Tank und 60 l an Reserve in der Backskiste. Dann eben nicht.

Wir legten ab und machten uns auf den Weg. Auf dem Strelasund hatte der Wind noch nichts vom guten Wetterbericht mit 4-5 Bft aus West bis Nordwest gehört. Wir quälten uns mit vier Knoten, aber schön unter Schmetterling)

Im Schmetterling - ein Segel links, ein Segel rechts - direkt vor dem Wind



bis in den südlichen Bodden, erst dort wurde es besser. Von dort aus rauschten wir erst mit durchschnittlich sechs, später sieben bis neun Knoten durchs Wasser. Locker bewölkter Himmel, etwas über 20 °C, die Welle geringer als einen Meter - das Leben könnte schlechter sein ...






Als wir gegen 19 Uhr Höhe Stubbenkammer waren, hatten wir überhaupt keine Lust, uns die restlichen fünf Seemeilen gegen den Wind nach Lohme zu quälen. Irgendwie waren wir für diesen Tag mit dem Segeln noch nicht fertig. Und so begann unser kleines Abenteuer Nachtfahrt - unsere zweite unter eigenem Kommando. Wir fühlten uns fit genug, um die restlichen 50 sm bis Ystad zu meistern. Das wir mitten in der Nacht ankommen würden, war uns klar. Wir betrachten Ystad jedoch mittlerweile als unseren zweiten Heimathafen (so wie auch Klintholm). Wir waren hier schon so oft mit der Mariner und Ari, dass wir uns trauten, auch im Dunkeln anzulegen.

Also weiter gen Norden. Eine Stunde später ging die Sonne unter und verwöhnte uns mit einem wunderschönen Sonnenuntergang - um uns herum nur Wasser; Rügen verschwamm mit dem Horizont und die Nacht zog langsam auf.


Weg isse, die Sonne. Ein Selfie der einsamen Steuerfrau :-)

Da uns auf unserem Weg direkt auf 0 Grad Nord nichts wirklich Schwieriges im Wege lag, reichte es völlig aus, die dicken Pötte auf dem Plotter und auf Sicht im Auge zu behalten. Hie und da eine zu beachtende Gefahrentonne wegen neu entstehender Windkraftanlagen und das war es schon.
Unser Plotter ging uns auf den Keks. Die Einstellung der Bildschirmhelligkeit sieht einen Tag- und einen Nachtmodus vor; keine Abstufungen. Der Nachtmodus reicht immer noch locker aus, um den Steuerstand gut auszuleuchten - taugt aber nicht, um den Blick schadlos vom Bildschirm auf die dunkle Umgebung zu wechseln. Wir können fast froh sein, dass uns kein Flugzeug für eine Landebahn hielt. Man, ist das Ding hell ... Wir behalfen uns mit einem Handtuch, welches wir über den Bildschirm hingen. So sahen wir zwar kein Bild mehr, erkannten dafür aber wieder unsere Umgebung. Zur Kontrolle der AIS-Signale der "Großen" lugten wir ab und zu unters Tuch. Danach war man für lange Sekunden blind. Wenn man wieder etwas erkannte, konnte man sich an den Millionen Sternen über uns berauschen. Die klare, mondlose Nacht gab alles. Es gibt kaum einen schöneren Punkt zum Anpeilen des Kurses als ein paar Sterne am Horizont. Hach ...

Etwas Aufregung kam dann erst wieder auf, als wir kurz vor Ystad die vielen blinkenden und blitzenden Leuchtfeuer auseinander klamüsern mussten, um den richtigen Weg in den großen Fährhafen und später in den etwas kleineren Yachthafen zu finden.

Dort angekommen war der schöne, lange Steg im Yachthafen ... voll. Oh! Na gut, ganz hinten am Quersteg war noch ein Platz frei. Harry zauberte ein wenig mit Steuer und Rückwärtsgang und schon waren wir fest. Alles, was wir nach dem Klarschiff-machen noch brauchten - neben Schlaf - war ein Anleger-Bier. So saßen wir noch bis kurz vor drei Uhr im Cockpit, bevor wir uns müde in die Koje legten.

Der restliche Tag wird ordentlich vergammelt. Ausschlafen, frühstücken, einer schläft, eine zieht es an den Strand, Blog schreiben, den Lieben daheim schreiben , schlafen, lecker Essen kochen und den Abend einläuten.
Morgen geht es schon wieder zurück nach Rügen - vielleicht diesmal wirklich nach Lohme :-)