Samstag, 31. August 2019

31.08.2019_Willkommen in Schweden

Samstag, 31. August


Um 9:3o (10:3o Ortszeit) starten wir in Rödhamn mit dem Ziel, die Alands und damit auch Finnland, zu verlassen. Eine gute Stunde geht es unter Motor durch die unruhige See. Es hat sich eine Welle von knapp einem Meter aufgebaut. Zeitweise müssen wir direkt gegenan, also gegen Wind und Welle. Aus den 6 Knoten Marschfahrt werden dann schnell mal nur 4 Knoten, wenn wir ein oder zwei Wellen nacheinander ungünstig treffen.

Marschfahrt ist ein Begriff aus der Seefahrt und bezeichnet die Geschwindigkeit eines Bootes, die den günstigsten Kompromiss zwischen Tempo und Spritverbrauch darstellt. Bei sogenannten "Verdrängern" (also Booten, die nicht auf dem Wasser gleiten können) sind das in der Regel 75% der möglichen Motordrehzahl, bei denen man etwa 80% der maximalen Motorleistung erreicht. Das sind bei uns dann: Drehzahl 2.100 Upm (von max. 2.800 Upm), Leistung 44 PS (von max. 55 PS), Verbrauch 3 Liter pro Stunde. Die erreichbare Geschwindigkeit hängt übrigens vorrangig von der Schiffslänge ab. Man spricht hier auch von der sogenannten "Rumpfgeschwindigkeit". Diese ist über eine entsprechende Formel näherungsweise ermittelbar. Neben der Rumpfgeschwindigkeit bestimmen die Motorleistung respektive die Segelfläche ("Segeltragzahl") und zuletzt die aktuellen See- und Witterungsverhältnisse ganz maßgeblich die Geschwindigkeit eines Bootes. Während wir unter optimalen Bedingungen (glatter See) bei Motorfahrt etwa 8 Knoten (14,8 km/h) erreichen können, schaffen wir unter Segel die 8 Knoten auch bei entsprechendem Seegang, sofern ausreichend Wind vorhanden ist. durchschnittlich sind wir etwa mit 6,5 Knoten(12 km/h) unterwegs.

Gegen 10:3o haben wir die Insel Lilla Batskär (im Blog vom 14.08. fälschlich als "Österbadan" bezeichnet) an steuerbord querab. Inzwischen wissen wir, dass es sich hier um eine ehemalige Lotsenstation, einen ehemaligen Leuchtturm und noch zu erkennen den ehemaligen Förderturm einer Erzmine handelt. der Aufzugsschacht geht 250 m tief und von dort aus ein Stollen unter dem Meeresboden rund 2 Kilometer Richtung Nordost. Das ist alles Geschichte. Heute erzeugen hier und auf den direkt benachbarten Inseln 5 oder 6 Windräder Strom. Dieser deckt derzeit zu 17% den Bedarf Alands.



Ansonsten Brüten auf der Insel Lilla Batskär zeitweise bis zu 30 Vogelarten. Das ehemalige Hafenbecken kann heute kostenlos als Liegeplatz (ohne Service) genutzt werden.

Zwischendurch: Segelspaß pur.




Um 12:1o begegnen wir am Rande eines Großschifffahtsweges einem vermeintlichen Fischerboot. Erst auf unserem Foto konnten wir im nachhinein feststellen, dass es sich um Taucher handelte. Theoretisch zu erkennen an der weiß-blauen Taucherflagge, die auch gleichzeitig den Buchstaben "A" des Flaggenalphabets signalisiert. Aus der Ferne war diese Flagge nicht auszumachen und das Boot hatte kein AIS, auf welchem neben der Bootsposition auch der Hinweis zum Einsatz "Taucher im Wasser" hätte publik gemacht werden können. Fahrlässig wie ich finde, aber das ist leider keine Ausnahme. Nur für die Großschiffahrt besteht hier, Gott sein Dank, seit einigen Jahren die Verpflichtung ein AIS zu verbauen und zu betreiben.








Als wir gegen 13:oo den  ca. 5 Seemeilen breiten Großschiffahrtsweg überquert haben, können wir am Horizont bereits Schweden erahnen. Vom Flaggenwechsel gibt es heute mal kein Foto.




Heute liegen wir in einer schönen Bucht der Insel Bofjärden. Diese liegt vom Zentrum Stockholms aus gesehen genau 44,4 Seemeilen entfernt in einem Winkel von 41°, also fast genau nordöstlich. Da morgen Starkwind bis Sturm erwartet wird, wettern wir hier geschützt ab.


Wir sind - wie immer - das kleine rote Dreieck

Heute Abend wartet die Bucht  noch mit zwei Überraschungen auf. Einem wunderschönen Sonnenuntergang....



 ... und dann plötzlich auch noch Feuerwerk?
  
Es knallt vielfach heftig, doch wir sehen nichts. Ein Blick in die Seekarte bringt auch Licht in dieses Dunkel. Ein Übungsgebiet der Marine liegt direkt neben der Einfahrt zu unserer Bucht. Offensichtlich eine Übung im Halbdunklen und nur mit kleinerem Kaliber, also klein bezogen auf Marineschiffe. Da haben wir in den vergangenen Jahren schon anderes gehört. Wenn neue Geschütze eingeschossen werden, wird das Gebiet nicht immer gesperrt. Manchmal wartet die Marine einfach, bis eine Yacht ausreichen Abstand hat und ballert dann weiter. So ein Schiffsgeschütz knallt schon beeindruckend. Jetzt um 20:3o ist die Sonnen bereits unter gegangen und die Marine scheint das Manöver beendet zu haben.

Am Montag geht es bei uns weiter.

Bleibt uns gewogen und weiterhin neugierig.


Freitag, 30. August 2019

28.-30.08.2019_Aus Turku zurück in die Schären

Mittwoch, 28. August

Gegen 9:3o heißt es: "Maschine an!". Bei stahlend blauem Himmel verlassen wir den Stadthafen von Turku. Wir fahrend entlang der klassischen Segelschiffe, historischen Marineschiffen der öffentlichen Ausstellung, vorbei an einem zur Jugendherberge umgebauten Frachtschiff und den schweren Schleppern, bis wir an den Terminals der Fähren und Luxusliner zum Fahrweg finden, der uns wieder aus Turku heraus führen soll.




Und so wechselt schlagartig die Umgebung und wir befinden uns wenige hundert Meter weiter umgeben vom flachen Festland, dass hier noch einmal mit üppigen Schilfbestände, kleinen Wälder, Uferprommenade und Parkanlagen auf sich aufmerksam macht. Am Ufer haben sich in einer großen Bucht hunderte von Wildgänsen versammelt. Unter ihnen herrscht Aufregung. Vielleicht geht es ja bereits in den Süden?



Unser Kurs zumindest, ist für heute Südwest. Eine Stunde nach dem Start haben wir die ersten 6 Seemeilen hinter uns. Windstärke und Richtung lassen uns jetzt die Segel setzen. Unsere heutige Etappe beträgt 32 Seemeilen (rund 59 km). Wir haben den gesamten Tag wolkenfreien Himmel. Bei 3 Beaufort Wind und guten 20 °C ist es ausnahmsweise sogar während des Segels T-Shirt-Wetter. Am Ende werden wir zwei Drittel dieser Strecke gesegelt sein.




Unterwegs sind uns schon allerhand Kuriositäten auf dem Wasser begegnet. So auch heute. Zunächst hatten Katrin und ich uns gewundert, warum der Segler so dicht an einem Felsen vorbeifuhr. Gleichzeitig fragten wir uns, warum dieser Felsen nicht in unserer Seekarte eingezeichnet war. Da wird man schon etwas unruhig. Eine halbe Minute und hundert Meter später löste sich die ganze Sache dann in Wohlgefallen auf. Der vermeintliche Felsen war ein Schwimmsteg und dieser befand sich im Schlepp des Segelbootes. Da fallen einem gleich die unterschiedlichsten Geschichten zur Entstehung ein. Wie auch immer es war - es bleibt kurios.





Unser heutiges Ziel ist der Hafen Verkan (FIN). Schön und ruhig gelegen, zumindest in der Nachsaison. Aufgrund der vielen Mooringbojen kann man sich aber vorstellen, was hier vermutlich in der Hochsaison los ist.





Was für eine Begrüßung für Menschen mit Schlangenphobie (Katrin). Diese Ringelnatter schwamm kurz nach dem Anlgen an unserem Boot vorbei. Für Katrin definitiv keine Einladung, hier baden zu gehen.


Die Hafengebühr von 20,- Euro entrichten wir im Restaurant, wo uns eine charmante Bedienung in alle Örtlichkeiten einweist. Alles ist nett eingerichtet und der Duft nach Gebratenem steigt uns in die Nase. Da läuft uns das Wasser im Munde zusammen. Doch wir haben heute anders disponiert und gehen nach einer kurzen Erkundungsrunde zurück an Bord.


Donnerstag, 29. August

Weil uns die Wetterentwicklung ein wenig im Nacken sitzt, haben wir für heute einen größeren Schlag (längeren Törn) geplant. Um 9:oo haben wir daher schon die erste Meile hinter uns und sichten einen kreisenden Adler.

Wieder liegt die Temperatur bei guten 20°C und der Wind bläst mit 3 - 4 Beaufort fast ganztägig aus der für uns richtigen Richtung. Ein Segeltag für Genießer! Der Autopilot steuert gut und wir haben mal wieder viel Zeit, uns auch dem Genuss hingeben zu können. Bei rund 40 cm Welle von schräg hinten schaukelt Ari sanft vor sich hin. Da wir uns in den südlichen Außenschären des Turku Archipels befinden, sind  die vielen Inseln weit verstreut und einige verschmelzen am Horizont mit dem Himmel. Das Wasser plätschert an uns vorbei. So entspannt segelt man nur selten.



Gegen 11:3o sehen wir das erste Segelboot des Tages. Es ist ein Finne, der uns mit einer Bavaria gleicher Bauart entgegen kommt.

Um 11:5o haben wir das Leuchtfeuer "Gustaf Dalen" steuerbord querab.



Um 12:3o steht der Flaggenwechsel an, weil wir die Landesgrenze von Finnland nach Aland überqueren. Damit wird ab heute gleich alles viel schwedischer, auch wenn die Aländer den Euro (analog Finnland) haben.


Als wir nach 17:oo und mit über 50 Seemeilen im Kielwasser in die Bucht von Rödhamn einlaufen, sind wir das einzige Boot im Hafen. Gut, es ist Donnerstag und Ende August ist hier bereits Nachsaison. Uns ist das recht und wir freuen uns, dass wir hier morgen erneut einen ganzen Tag vor Ort haben, da wir auf ein geeignetes Wetterfenster für die Weiterfahrt zur schwedischen Seite warten wollen.


Freitag, 30. August

Fast traut man sich nicht, es zu wiederholen, aber wir haben schon wieder Sonnenschein bei guten 20°C Lufttemperatur. Eigentlich sollte es hier letzte Nacht regnen und ein Gewitter war avisiert. Nichts dergleichen!

Seitdem ich am 8. Juli gestartet bin, gab es kaum Ausreißer im Wetter. Anfänglich etwas zu heiß mit zwei oder drei Tagen um die 30°C. Ab und zu ein Regenschauer. Mancher hat auch mal ein oder zwei Stunden gedauert. In der Gesamtbetrachtung hätte es für mich besser nicht seinen können. Gut, bei Windstärke und Windrichtung gibt es im Schnitt noch Potenzial nach oben, aber ich will mal nicht so sein.

Wir packen unsere Fotoausrüstung ein und begeben uns erneut auf Inselerkundung. Hier muss es in letzter Zeit reichlich geregnet haben, denn im flachen Granitgestein befinden sich viele Becken und die sind jetzt mit Wasser gefüllt. Einige so groß wie eine Bratpfanne, andere haben wenige Quadratmeter Fläche. Eine Landschaft mit Miniaturseen hat sich entwickelt und lässt die Insel noch schöner, noch interessanter, aussehen.


Katrin lässt die Drohne steigen und ich suche nach Motiven am Boden. Ein paar Impressionen ...






Morgen geht es zurück nach Schweden, aber noch nicht auf den Heimweg.

Dienstag, 27. August 2019

26.- 27.08.2019_Turku


Die Feuchtigkeit der Nacht (warmes Wasser, relativ kühle Luft) ist literweise auf dem Deck kondensiert.
Ari glitzert im Morgentau.


Da das Heck und das Cockpit  von der gestrigen Anker runter-Anker wieder rauf-Anker wieder runter-Aktion  etwas arg lehmveschmiert sind, kommen wir ohne eine kleine Putzaktion nicht weg. Harry gibt alles:



Gegen halb zehn Uhr gehen wir dann endlich  "Anker auf" - auch der Buganker (vorn) war spürbar gut im Lehmboden eingegraben, reinigt sich aber auf dem Weg an die Wasseroberfläche zum Glück etwas besser als der Heckanker gestern.

Wir haben noch 23 Seemeilen bis zum heutigen Ziel, der Stadt Turku. Mangels Wind wird es eine reine Fahrt unter Motor werden, für die wir wieder knapp 4 Stunden brauchen. Auch hier im Norden ist es schwülwarm, allerdings nur mit 21°C, jetzt am Vormittag. Die Großschifffahrt wird dichter, auch die Freizeitboote immer mehr und die Häuser auf den Inseln immer größer, mondäner, verspielter:









Schwer zu entscheiden: nehme ich nun das Fahrrad, das Boot oder fliege ich schnell mal in die Stadt - Luxusprobleme :-)


Einblick ins Fährterminal


Die Einfahrt in den Fluss

Nach der Einfahrt zum Hafen der großen Frachter und Fähren kommt die Einfahrt in den Fluss Aurajoki. Hier liegt, ca. einen Kilometer flussaufwärts, der Stadthafen von Turku - auf finnisch: Turun Vierasvenesatama. Ja, Finnisch ist die erste Sprache, für die ich nicht mal ein paar Touristenvokabeln vorab gelernt habe - alle Worte sind elendig lang und beinhalten sehr viele Vokale.

Harry legt einen smarten Anleger hin und - da liegen wir.






Da wir ziemlich abgebrannt sind, was unsere frischen Lebensmittel angeht, brauchen wir einen Supermarkt. Einer liegt genau uns gegenüber auf der anderen Uferseite. Um dorthin zu kommen, muss man ein gutes Stück stadteinwärts laufen, um über die nächste Brücke zu gelangen - oder man nimmt die Fähre, welche direkt neben dem kleinene Hafen verkehrt. Pausenlos und kostenlos.



Nachdem die (teuren!) Lebensmittel verstaut sind, machen wir uns zu einem ersten Stadtspaziergang auf.


 Wir gehen den Fluss entlang hinein Richtung Stadtzentrum, sehen viele Restaurants auf Schiffen sowie in den Häusern am Ufer. Der Uferweg ist breit aber autofrei, es tummeln sich Fußgänger und Radfahrer, Jogger und eScooter-Fahrer. Alles spannungsfrei und mit gegenseitiger Rücksicht. Für einen Berliner ist das der Himmel auf Erden.





Åbo ist der schwedische Name für Turku

Auf einer der vielen Brücken


Nach der Rückkehr sind wir ziemlich platt. So weites Laufen (7 km) sind wir gar nicht mehr gewohnt. Wir genießen den Abend im Cockpit und die schöne Lichtstimmung hier am Hafen.





Am Dienstagmorgen rüsten wir uns für einen intensiveren Stadtbummel. Da wir den Uferweg bis dahin schon kennen, gönnen wir uns die Schnell-Variante: her mit den eScootern!



Beim Bummeln entdecken wir eine schöne alte Markthalle und stöbern hier durch alle Gänge. Bei einem kleinen Café gönnen wir uns eine kleine Pause bei Cappuccino und "Kardamon-Bulle":


Charmant erklärt, was hier verboten ist








Die Stadt ist - alles in allem - nicht häßlich, nicht schön, nicht groß, nicht klein. Turku hat durch die Lage am Fluß seinen Charme, reine Wohn- und Geschäftsviertel oder alte und neue Stadtteile  findet man hier nicht - alles ist gut durchmischt.
Es wird gerade viel gebaut und restauriert. So richtige Sehenswürdigkeiten sind rar. Eine Burg, ein Marinemuseum mit historischen Schiffen im Hafen, zwei alte Kirchen - fertig. Trotzdem lohnt sich die Reise hierher. Die Menschen hier sind entspannt und sehr höflich, die Restaurants auch unter der Woche gut besucht - man kommt hier angenehm zur Ruhe.

Am Abend gehen wir noch stadtauswärts, um uns die Schiffe vor dem Marinemuseum anzusehen. Für den Rückweg zum Hafen gönnen wir uns ein letztes Mal zwei eScooter. Hier ist genug Platz für diese Teile, deswegen macht es Spaß, sie hier zu fahren. Die Fahrradwege sind breit und deswegen fährt Jung wie Alt mit diesen Teilen.





 Morgen verlassen wir Turlu wieder mit dem Ziel Ankerbucht. Wir werden uns in den nächsten Tagen nach West, Richtung Ålands, bewegen.

Wie schreibt Harry immer? "Bleibt uns gewogen und weiterhin neugierig"