Samstag, 18. September 2021

17.09.2021 Von LAUTERBACH auf Rügen nach NEUHOF im Strelasund

Freitag, 17. September

 

In der Nacht hat der Regen ordentlich gepladdert und Ari von Ihrer Salzkruste befreit. Als wir am Morgen aufstehen, ist alles noch triefend nass und der Himmel grau. Wir frühstücken unter Deck, wo wir ein wenig eingeheizt haben. Wir sind heute spät dran und wir wollen spät dran sein, um einen möglichst günstigen Wind für unseren letzten Schlag dieses Urlaubstörns zu haben, aber vielleicht auch deswegen, damit wir noch ein bisschen länger unterwegs und nicht schon am Ziel sind, was ja gleichzeitig das Ende dieses Sömmertörns bedeuten würde.

Erst kurz nach elf starte ich den Diesel und wir holen ein letztes Mal auf diesem Törn die Festmacherleinen ein. Zuerst in Lee (der windabgewandten Seite) wo die Leinen ohne Last sind. Dabei steht Katrin immer am Bug und ich am Heck, weil ich gleichzeitig das Boot steuere, sofern wir am Liegeplatz nach dem Lösen der Festmacher vertreiben sollten.

Wir schauen uns beide an und nicken uns zu; das Signal auch die beiden Luv-Leinen zu lösen, die im Augenblick noch alleine das Boot gegen den Wind ankämpfend an seinem Platz halten. "Leinen los!" ist das Komando und "Wir sind frei!" die Rückmeldung, sobald beide Festmacher nicht nur gelöst, sondern deren "Landende" auch wieder zurück an Bord eingeholt ist. Ich lege den Vorwärtsgang ein und Ari schiebt sich im Standgas langsam aus der Box, während ich darauf achte, dass das austreibende Heck nicht an den benachbarten Booten entlangschrammt. Währenddessen kommt mit Katrin schon mit den Festmachern , die eben noch das Boot gehalten haben, entgegen und schießt sie auf (legt sie in ordentlichen Buchten gebrauchsfertig zusammen) während wir bereits die Boxengasse entlang in Richtung Hafenausfahrt unterwegs sind.

Ich stelle fest, dass die Logge nicht funktioniert, denn unsere Geschwindigkeit beträgt laut Instrument 0,00 Knoten und der Entfernungsmesser für die zurückgelegte Distanz bleibt ebenfalls bei 0,00 Seemeilen stehen. Ein Zeichen dafür, dass das kleine Geberrad unter dem Bug blockiert ist. Seegras!  Der gesamte Hafen war an den Schwimmstegen voll mit Seegras, das wegen des rauhen Wetters der letzten Tage aus dem Seegrund der benachbarten Bucht gerissen und durch den Wind in den Hafen geschwämmt wurde.

Für den Eintrag der unter Motor gefahrenen Seemeilen, schätze ich daher: "0,5" und wir tragen diesen Wert nach dem Setzen der Segel ins Logbuch ein, als ich die Maschine stoppe. In Rauschefahrt geht es unter vollen Segeln mit Kurs süd durch den Greifswalder Bodden. Es ist trübe und zeitweise regnerisch bei 16°C.

 


 


 


 

 


 



Wenn einem hinter der Fährlinie Stahlbrode eine Armada an Segelbooten entgegen kommt, darf man davon ausgehen, das etwa 90 Minuten vorher die Ziegelgrabenbrücke bei Stralsund für alle wartenden Yachten "die Pforten geöffnet" hatte.

 

Nach etwa halber Tagesstrecke biegen wir nordwestlich in den Strelasund ein, wo uns dann mal wieder Wind von dort erwartet, wo wir hin wollen (WestNordWest). Bei vier bis fünf Windstärken kreuzen wir daher den Sund Richtung Stralsund hoch.


Insgesamt zwölf Mal müssen wir hierzu über den Sund kreuzen und kurz vor Neuhof verlassen Katrin dann langsam aber sicher die Kräfte, die man benötigt, um die große Genua (das Vorsegel) nach jeder 90°-Wende immer wieder auf der jeweils anderen Seite des Bootes dicht zu holen und anschließend so zu trimmen, dass wir gute Fahrt gegenan (schräg gegen den Wind) machen. Da der Sund stellenweise recht schmal ist, sind manchmal die Segel kaum fertig gerimmt, da steht schon wieder die nächste Wende an. Am Steuerrad habe ich heute ein vergleichsweise leichtes Spiel, aber Katrin möchte sich das Trimmen eben auch nicht nehmen lassen.

Nach drei-dreiviertel Stunden haben wir fast 22 Seemeilen hinter uns gebracht, als wir in Neuhof einlaufen. Am Steg sehen wir schon zwei strahlende Gesichter unserer lieb gewonnenen Freunde Kenneth und Ira. Für uns ein Wiedersehen nach fast einem Vierteljahr und das fällt entsprechend herzlich aus.


Mit Champus und leckeren Häppchen, feiern wir allerdings weniger unser Wiedersehen, als vielmehr das neue Boot der Beiden, das hier im selben Hafen liegt.


Ein gelungener Abschluss unseres Sommertörns 2021, der erst irgendwann am späten Abend endet. Der Blog endet für diesen Törn noch nicht ganz, denn wir werden abschließend noch einen Post mit etwas Statistik zum Törnverlauf nachreichen.

Bleibt uns gewogen und weiterhin neugierig. Danke für´s Anschauen, Lesen und gerne auch Kommentieren.

Harald "Harry" & Katrin


 

 

Donnerstag, 16. September 2021

16.09.2021 LAUTERBACH auf Rügen

 Donnerstag, 16.09.2021


Eigentlich ist es ja fast witzlos, einen Post über unser Heimatrevier zu schreiben. Andersrum gehört unser Zwischenstopp in Lauterbach zu unserem Urlaubstörn und damit in diesen Blog. Also tun wir mal so, als wären wir in einem unbekannten Hafen angelandet.

Lauterbach ist Ortsteil der Stadt Putbus auf Rügen und liegt am Greifswalder Bodden. Lauterbach, heute das maritime Herz von Putbus, wurde 1816 von Fürst Wilhelm Malte zu Putbus als erstes Seebad Rügens gegründet. Bis 1860 war Lauterbach das meistbesuchte Bad der Insel Rügen.

Lauterbach besitzt neben dem historischen Stadthafen auch einen Yachthafen. Im Bereich des Stadthafens von Lauterbach wird in Restaurants, Cafés und Imbisskiosken für das leibliche Wohl gesorgt. Wer frische Fischspezialitäten und eventuell auch ein gepflegtes Bier trinken möchte, ist gut auf dem am Kai ankernden Räucherschiff Berta aufgehoben.

Wir sind hier ...

Wir machen einen Spaziergang durch den Yachthafen ...


Blick auf die Halbinsel Goor. Das Badehaus Goor (unten) wurde 1818 fertig gestellt und dient heute als Hotel.



Anders als in Schweden, sind hier die Bootsstege, bzw. deren Liegeplätze, Mitte September noch voll.


Das Büro des Hafenmeisters im Obergeschoß und ein Imbiss mit schattigen Sitzgelegenheiten darunter. Gut, heute hatten wir auch so schon genug Schatten.



Interessant gelöst hat man hier die Ferienhäuser, die auf Stelzen über dem Wasser stehen. Wer ein Boot hat, kann direkt am gemieteten Ferienhaus anlegen.


Alles erinnert ein wenig an die Bauweise einiger Luxus Resorts in den inselreichen Badeparadiesen der Welt.


Touristenfahrten mit diesem Traditionsschiff kann man im Stadthafen von Lauterbach buchen.


Im Hintergrund ist die Insel Vilm zu sehen. Die Insel Vilm ist Biosphärenreservat und das Betreten nur im Rahmen einer geführten Tour erlaubt. Die Exkursionen nach Vilm hat einen exklusiven Charakter, denn pro Tag dürfen nicht mehr als 60 Besucher das größtenteils unberührte Naturparadies betreten. Der unberührte Urwald auf der Insel Vilm zeugen davon, dass der strenge Naturschutz sich über viele Jahre ausgezahlt hat. Hier kann man noch einige Baumriesen bestaunen, insbesondere, was deren Umfang betrifft. Der letzte nennenswerte Holzschlag auf dieser Insel soll schon fast 500 Jahre zurück liegen.

Vilm


Im Stadthafen hatten heute viele Lokalitäten geschlossen. Vermutlich öffnet man außerhalb der Saison nur am Wochenende. Der Hafen selbst, wurde gerade an einigen Stellen erneuert und am südlichen Ende gibt es jetzt neue Sitzgelegenheiten in einer parkähnlichen Atmosphäre und neu angepflanzten Blumenrabatten. Erinnert fast ein wenig an Schweden. Ein Besuch des Ortes Lauterbach lohnt sich  -  zumindest wenn man schon mal in der Nähe ist.

Morgen geht es voraussichtlich schon wieder weiter zu dem Ort, an dem der Törn begann.




15.09.2021 Von RØNNE auf Bornholm nach LAUTERBACH auf Rügen

 Mittwoch, 15. September


Der Tag beginnt, wie die letzten Tage auch, denn um fünf Uhr klingelt der Wecker. Unser morgentlicher Ablauf wird von Mal zu Mal effizienter und so verlassen wir bereits um sechs die Hafenausfahrt. Die Sonne ist kurz vor dem Aufgehen.


Wir haben Kurs südost und müssen zunächst noch das Fahrwasser des Wirtschafts- und Fährhafens Rønne kreuzen. Das machen wir lieber noch unter Maschine, doch es gibt im Augenblick keinen Schiffsverkehr dort und auch auf dem AIS sind keine Signale von einlaufenden Schiffen zu erkennen. Nach 1,8 Seemeilen haben wir das Fahrwasser hinter uns und setzen unsere Segel. Zunächst haben wir noch bescheidene 9 Knoten Wind (3 Bft) der entgegen der Vorhersage noch sehr südlich weht  -  also wieder AmWindKurs. Doch das liegt wohl mehr daran, dass der Südostwind um das Kap von Rønne herumweht und daher nur scheinbar aus Süden kommt. Wenig später können wir bei voller Segelfläche und elf Knoten Halbwind (Wind genau von der Seite) unter optimalen Bedingungen auf Kurs 210° Richtung Rügen gehen. Warum auch immer haben wir knapp einen Knoten Gegenstrom, machen aber immer noch um die 7,5 Knoten Fahrt nach GPS. Es soll für uns eine Art Rekordfahrt werden,  ohne dass wir das angestrebt hätten.

Gegen sieben erhebt sich die Sonne langsam über den Horizont.


Noch ist die See flach und die Fahrt sehr entspannt. Bis heute Nachmittag wird der Wind etwas zunehmen und die Böen bis auf gut 20 Knoten ansteigen. Die See wird zum Schluss in Spitzen nicht mehr als knapp anderthalb Meter betragen, als wir das schmale Fahrwasser bei Thiessow, südöstlich Rügen, passieren. Der Autopilot meistert die leicht schräg von hinten auflaufende Welle des Ostwindes immer wieder gut und steuert Ari in schlangenlinien durch die See, damit wir letztendlich auf einen in etwa geraden Kurs kommen. Das schaffen wir per Hand auch nicht besser.


Die Überfahrt von Bornholm nach Rügen verläuft unspektakulär. Wir haben daher nur etwas Filmmaterial aber keine wirklich guten Fotos.

Gegen 16:00 laufen wir dann in den Hafen von Lauterbach, im nördlichen Greifswalder Boden ein. Zu unserer Überraschung ist der Hafen fast voll und wir haben Glück, dass wir noch einen guten Liegeplatz an unserem Lieblingssteg direkt an einer Ladesäule, bekommen.

Von Hafen zu Hafen waren wir, fast auf die Minute genau, zehn Stunden unterwegs. Die Distanz auf der von uns gefahrenen Route beträgt 78,1 sm (~145 km) nach Logge und 73,2 sm (~136 km) nach GPS.  

Noch einmal zur Erläuterung für die Nicht-Segler: Die Logge (das kleine Geberrad unter dem Bug) misst die Fahrt durch das Wasser. Das GPS misst die Fahrt über Grund. Würde das Wasser sich nicht bewegen, wären beide Ergebnisse gleich. Durch Strömung und Seegang bedingt, weicht das Ergebnis in der Praxis immer ab. In diesem Fall sind wir sozusagen 145 km durch das Wasser gefahren, um 136 km voran zu kommen, weil uns die Strömung auf der Gesamtdistanz um 9 km "zurückgedrängt" hat.

Nach dem Start in Bornholm und vor dem Ziel in Lauterbach waren wir für einen Zeitraum von gut einer Stunde mit nur etwa fünf Knoten Geschwindigkeit (bei Motorbetrieb und später nur mit Großsegel) unterwegs, was das Ergesamtergebnis bezüglich der Geschwindigkeit auch noch einmal aufwertet. Wir sind stolz auf unsere Bavaria, den von vielen gern belächelten Segelcruiser. Für eine Nicht-Sport-Segelyacht, ein Ergenis bei dem wir uns ganz entspannt zurücklehnen können. 😎

Hier in Lauterbach machen wir morgen, also heute, nur später, einen Ruhetag. Bis spätestens Samstag wollen bzw. müssen wir in Neuhof sein.





Dienstag, 14. September 2021

14.09.2021 RØNNE auf Bornholm

 Dienstag, 14. September


Mit Muskelkater und Kopfschmerzen stehen wir beide heute morgen auf.  Nachwehen unseres gestrigen Törns. Ich hatte 12 Stunden am Stück geschlafen und fühle mich ansonsten den Umständen entsprechend fit.  Wir frühstücken gemütlich und lassen den Tag in Ruhe angehen. Am späten Vormittag starten wir zu einem kleinen Stadtbummel. Zunächst ist der Himmel bedeckt. Später bekommen wir noch Sonnenschein bei 18°C, so dass wir im Hemd bzw. Bluse unterwegs sein können.

Blick vom Yachthafen auf Rønne
 

Rønne (ausgesprochen: Rönne) ist die größte Stadt auf der dänischen Insel Bornholm und hat rund 14.000 Einwohner. Der Hafen ist der größte auf Bornholm und die Fähren verbinden Rønne mit den wichtigen Hafenstädten des Ostseeraums. Rønne ist wahrscheinlich im 13. Jahrhundert entstanden und wird erstmalig im Jahr 1277 erwähnt. Die Stadt verfügt über eine größere Anzahl gut erhaltener Fachwerkhäuser. Dazwischen befinden sich oft Häuser aus Ziegelsteinen. Zeugen des Zweiten Weltkrieges, denn die Russen hatten hier in den letzten Kriegstagen im Mai 1945 noch etliche Bomben auf die Stadt abgeworfen.


Der Yachthafen selbst ist voll. Wir hatten Glück, gestern Abend noch einen Liegeplatz zu bekommen. Im Augenblick liegen hier viele deutsche Charteryachten. Vermutlich warten die Crews auf den morgigen Ostwind, um zurück nach Deutschland zu kommen.


Der ganze Yachthafen ist recht ausgedehnt und besteht aus mehreren Hafenbecken. Viele Bereiche sind aber aufgrund ihrer geringen oder auch unbekannten Wassertiefe eher für Motorboote und -yachten geeignet.

Doch jetzt geht es in die Stadt ...





Wir entdecken ein Ladengeschäft mit dänischem Softeis. Entgegen der deutschen Variante wird hier anscheinend weniger Druckluft unter das Milcheisgemisch gepumpt, denn es schmilzt nicht so schnell dahin, wie bei uns zu Hause und es ist insgesamt fester in seiner Konsistenz. Außerdem wird das Softeis, anders als bei uns, in Schweden und Dänemark immer mit leckerem Überzug angeboten, der entweder aus Streuseln unterschiedlichster Art oder auch Saucen bestehen kann. Zu dem Vanille Softeis hatte Katrin heute Lackritz-Streusel und -sauce   -  ich hatte mich für Nugat, das als Sauce aufgetragen wird und dann durch die Kälte zu einer Glasur festfriert, entschieden.








Aus der leicht erhöht liegenden Altstadt hat man an einigen Stellen auch einen guten Blick auf die Küste und den Hafen.




Gut 100 km links hinten liegt Rügen







Ja, und dann sind wir auch schon wieder zurück in Hafennähe. Im Hintergrund kann man hier bereits die Gebäude der Landungsbrücken des Fährhafens erahnen. Hier waren wir mal vor ein paar Jahren gelandet, als wir vom schwedischen Ystadt aus, mit der Schnellfähre, die hier mit 40 Knoten (74 km/h) rüberbraust, eine Tagestour gemacht.


Bevor wir zurück zum Boot gehen, versorgen wir uns im hiesigen Coop noch mit ein paar Kuchenteilchen. Die Kardamom Knut heißen hier nur anders, sehen aber genauso aus. Doch die sind für morgen.

Für Katrin gibt es heute Nachmittag zum Mokka dieses ... ??? ... Eclair, gefüllt mir Vanillecreme und Sahne. Die Verzierung besteht aus in Kakao gebadetem Marzipan. Ich essen die Vanilleteilchen, die wir in Verzweifelung bei  Hemköp  in Karlskrona gekauft hatten und veredele diese mit einem Nutella-Überzug und ein paar Tröpfchen Cointreau.


Morgen wird es wieder ganz früh losgehen, denn wir haben erneut so um die 75 Seemeilen vor uns, bis wir irgendwo in Rügen bzw. dem Greifswalder Bodden ankommen. Nach Hause in unseren Hafen wollen wir noch nicht. Nicht vor dem Wochenende.


Bleibt uns gewogen und weiterhin neugierig. Danke für´s Anschauen und Lesen.

Harald & Katrin

 

Ergänzung für die Erweiterung der Geografiekenntnisse








13.09.2021 Von KARLSKRONA nach RÖNNE auf Bornholm (Dänemark)

 Montag, 13. September


Um fünf Uhr klingelt unser Wecker. Da wir gestern recht früh im Bett waren, kein Problem. Doch während Katrin sich ihr Frühstück schmecken lässt, begnüge ich mich mit einer Tasse Kaffee. Das ist nicht meine Zeit  -  auch wenn alles lecker vorbereitet vor mir steht. Sogar kleine Plunderteilchen mit Vanillepuddig-Füllung haben wir zur Auswahl.

Wir wollen heute früh los, haben aber keine Eile. Wir packen alles in Ruhe zusammen, Katrin checkt noch einmal den Wetterbericht und bereitet das Logbuch vor. Als wir draußen alles zum Ablegen vorbereiten ist die Sonne schon kurz vor dem Aufgehen. Gegen halbsieben starte ich den Motor und kurz darauf verlassen wir bereits den noch schlafenden Hafen.

Karlskrona kurz vor dem Ablegen

Der Wind wird heute noch im Laufe des Tages von nordwest auf west drehen.  Daher wollen wir unbedingt noch heute den großen Schlag nach Bornholm erledigen  -  denn das Wetter ist so wechselhaft, dass man den Vorhersagen, die über einen Tag hinaus gehen, absolut nicht trauen kann. Wir haben aus diesem Sommer gelernt, dass bestenfalls die Vorhersage für den morgigen Tag einigermaßen zuverlässig ist  -  meistens zumindest. Für morgen sind Schwachwind und teils Flaute angesagt. Am Mittwoch soll sich eine Zone mit östlichen Winden aufbauen. Die würden uns dann gen Rügen blasen  -  vorausgesetz die Prognose stimmt. 


Die ersten drei Seemeilen fahren wir noch unter Motor, denn wir haben zunächst nur 6 Knoten Wind (2 Bft) und wollen auch keine Zeit vertrödeln, denn alleine unser Idealkurs zum Ziel ist rund 72 nautische Meilen lang. Die tatsächlich zu segelnde Entfernung hängt dann immer vom Wind und weiteren Gegebenheiten ab. Am Ende des Tages werden wir in gut 12 Stunden über 83 nm weit unterwegs gewesen sein. 

Katrin widmet sich dem künstlerischen Teil und fängt die morgentlichen Stimmung ein ...








Draußen, auf der offenen See, dauert es dann noch über eine Stunde, bis sich richtiger Wind einstellt. Die Dünung des Vortages begrüßt uns jedoch bereits, als wir die vorgelagerten Insel der Stadt Karlskrona seewärts passieren.

Mit Dünung bezeichnet man Wasserwellen, die bereits aus ihrem Entstehungsgebiet herausgelaufen sind; somit ist Dünung der Gegenbegriff zur Windsee. Die Gesamtheit aller Wellen aus Dünung und Windsee bezeichnet man als Seegang. Anders formuliert ist die Windsee der Seegang, der aktuell durch den Wind erzeugt wird, während die Dünung der verbleibende Seegang der "gestrigen" Windsee ist. Die Dünung besteht grundsätzlich aus Wellen, die im Vergleich zur Windsee flacher, länger und schneller sind.




Heute steht für uns noch eine Besonderheit an, denn nach 32 Seemeilen Fahrt, haben wir unsere 10.000´ste Seemeile mit der Ari im Kielwasser (also auf dem Wasser hinter uns gebracht). Dieses Ereignis findet heute um 11:22:54 an der Position 55°48'.080 Nord und 015°04'.468 East, also mitten auf dem freien Wasser zwischen Karlskrona und Bornholm, statt. Mit den Seemeilen, die wir uns noch mit der Mariner auf der Ostsee erkämpft haben, kommen wir dann auf insgesamt rund 12.500 sm (rund 23.000 km). Bei einer geschätzten Durchschnittsgeschwindigkeit von 12 km/h muss man also gut 80 Tage lang ununterbrochen fahren, um diese Distanz zu erreichen.




Sprach ich anfangs noch vom heutigen Idealkurs mit 72 sm bis zum Ziel, so mussten wir bereits jetzt etwas taktieren. Wir segeln weiter nach Westen, als wir vom Idealkurs her müssten. 

Hintergrund (1) ist, dass wir schon wieder AmWindKurs (schräg gegen den Wind) fahren. Das geht nur bis zu einem gewissen Grad. Da wir derzeit noch etwas "Luft für mehr" haben, fahren wir schräger gegen den Wind als nötig und bauen uns so ein "Reservepolster" auf. Der Wind wird später noch direkt auf west drehen, wodurch wir unseren Kurs dann nicht mehr halten können. Wir können dann von dem "Reservepolster" leben, dass wir uns in westlicher Richtung aufgebaut haben, indem wir dann südlicher fahren können, als es uns auf dem "Idealkurs" möglich gewesen wäre.

Hintergrund (2) ist, dass wir irgendwann den Strom der Großschifffahrt kreuzen müssen, um Richtung Bornholm zu kommen. Großschifffahrt, dass sind die dicken, grünen Schiffe auf dem Plotter, die, wie an einer Perlenkette aufgereiht, hintereinander zwischen Bornholm und dem schwedischen Festland durchfahren. Auch wenn wir unter Segeln "Vorfahrt" haben, macht man das besser nicht in einem spitzen Winkel, sondern quert den Fahrweg im Idealfall im 90°-Winkel zur Großschifffahrt. Wir nehmen kurz vor Bornholm rund 60° als Kompromiss zwischen unserem Idealkurs und dem kürzesten Weg durch die Berufsschifffahrt. Dafür geben wir dann den restlichen Teil unseres "Reservepolsters" auf.


Auf dem Plotter sieht das dann so aus. Der Idealkurs ist die gerade magentafarbene Linie zwischen Karlskrona und Rönne auf Bornholm. Der gefahrene Kurs ist die gebogene magentafarbene Linie zwischen Karlskrona und Rönne, die wie ein "D" drumherum führe wird. Wir sind auf diesem Plotterbild gerade erst mitten im "D".

Die Großschifffahrt ist allerdings nicht so dicht, wie das Plotterbild vermittelt, da die einzelnen Schiffe ja in Übergröße dargestellt werden. Tatsächlich haben die einzelnen Berufsschiffe untereinander Abstände von fünf bis zehn Kilometern und kommen sich auch beim Überholen nicht näher als ein Kilometer.



Der im Hintergrund, zum Beispiel, ist ein gut 200 Meter langer Frachter, in einer Entfernung von rund 4,5 Kilometern, dessen Kurslinie wir gerade kreuzen. Bei seiner Geschwindigkeit von 18 Knoten benötigt er 7 Minuten, bis er unseren aktuellen Standort erreicht. In dieser Zeit werden wir uns etwa 1.500 Meter von seiner Kursinie entfernt befinden - ein guter Abstand.


Keinen guten Abstand hatte ich zur "Thun Evolve", als ich auf der Hinfahrt von Figeholm nach Nynäshamn (siehe Post) unterwegs auf sie getroffen bin. Also nur fast getroffen, denn ich bin ihr ja ausgewichen, weil die Thun Evolve es verschlafen hatte. Heute treffen wir sie wieder ...




Gegen 15:20 segeln wir dann von internationalen Gewässern in den dänischen Wirtschaftsraum ein. Maßgeblich ist hier die sogenannte "Dreimeilenzone", die allerdings recht willkürlich in unterschiedlichen Abständen um die große Insel Bornholm verläuft. 

Für uns zumindest steht spätestens jetzt der Wechsel der Gastlandsflagge an. Schwedisch blau-gelb runter, dänisch rot-weiß rauf, unter die Saling.


Unser Gebolze gegen den Seegang hinterlässt Spuren. Es ist jetzt später Nachmittag und wir sind körperlich schon recht angeschlagen. Abwechselnd legen wir uns hin, zwar auch, um mal kurz einzuschlafen, aber vielmehr, um einfach mal die Muskulatur zu entspannen. Obwohl die See nur gut einen Meter hat, gleicht der Körper beim Stehen oder Sitzen permanent den sich bewegenden Untergrund so aus, dass er selbst möglicht in Waage bleibt. So ist man sozusagen permanent passiv in Bewegung und auch das zehrt über die Stunden an der Konstitution.

Einen großen Teil unseres Törns haben wir auch Gegenstrom, so dass wir zwar mit gut siebeneinhalb Knoten Fahrt unterwegs sind, aber nur mit weniger als sechseinhalb Knoten Fahrt vorankommen. Das lässt die gut 80 Seemeilen wirklich lang werden. Am Ende des Törns sind wir uns zwar einig, dass es ein guter Segeltag war und trotzdem sind wir froh, endlich gegen halbsieben Uhr am Abend, nach fast genau 12 Stunden Fahrt, im Hafen von Rönne zu sein. 

Und weil wir so kaputt sind, gibt es auch nur dieses eine abendliche Foto ...


Nach einen Anlegerbier und einem deftigen Gulsch fallen wir dann schon vor acht tot in die Koje. Morgen ist Ruhetag!