Freitag, 30. Juni 2023

29. Juni 2023, Von Jurmo (Åland Archipel) nach Hanko (Finnland)

 Donnerstag, 29. Juni


Heute starte ich erst um kurz nach halbneun, denn ich benötige Hilfe beim Ablegen. Ich liege ja immer noch an meinem gestrigen "Notliegeplatz". An der Yacht hinter mir, hatte gestern Abend noch eine Zweite im Päckchen angelegt. Das Paket ist etwa acht Meter breit. Ich muss jetzt vor Ihnen liegend rückwärts aus meinem Längsliegeplatz heraus, habe aber dabei noch die Herausforderung, dass mich der Wind zurück an den Holzsteg drückt von dem ich weg will und insgesamt ist dort wenig Platz zum manövrieren.

Dafür gibt es natürlich das passende Manöver mit dem kleinen Haken, dass ich nicht am Steuer stehen und den Gashebel bedienen kann, während ich gleichzeitig am Bug genau zum richtigen Zeitpunkt eine der Festmacherleinen vom Poller löse. Zu zweit kein großes Problem. Also bereite ich schon mal alles vor und sehe dann weiter.

Einige Fender (Def.: Ein Fender ist ein mit Luft aufgeblasener Schutzkörper (wie ein besonders stabiler Luftballon), der Beschädigungen an der Außenhaut eines Schiffes bei Hafenmanövern sowie beim Liegen an der Kaimauer oder im Päckchen - Schiff an Schiff - verhindern soll.) ... erhalten eine neue Position an der Bordwand und einer der Festmacher muss jetzt für seine neue Aufgabe anders belegt werden. 

Das wäre erledigt und wie bestellt, kommt gerade ein Finne; ihm gehört die Yacht direkt hinter mir; den Steg entlang. Ich spreche ihn an und Frage, ob er mir kurz behilflich sein kann. Kann er, denn er ist, wie er mir noch erzählt,  ebenfalls einhand unterwegs und hat daher vollstes Verständnis für meine missliche Situation. Hinweis für die Nichtsegler unter den Lesern. "Einhandsegeln" erfordert nicht das fehlen von Gliedmaßen, sondern ist der Fachbegriff dafür, dass eine Person alleine das Boot segelt, was hier, im Gegensatz zum Autofahren, eine große Herausforderung sein kann.

Dann läuft doch alles wie am Schnürchen und fünf Minuten später bin ich bereits raus aus dem Hafen. Nach etwa einer halben Seemeile kommt die erste breitere Wasserfläche mit genügend Tiefe. Ich lasse Ari dort mit kleiner Fahrt laufen, während ich das Boot aufräume. Alle Fender müssen jetzt von der Reling, an der sie befestigt sind, abgenommen und verstaut werden. Mit den Festmacherleinen passiert das Gleiche, nachdem ich sie aufgeschossen (in ordentlichen Buchten (umgangssprachlich: Schlaufen) zusammengelegt)) habe.

Dann geht es los. Unter Motor, denn der Wind bläst erst heute am späten Nachmittag ausreichend stark. Warum segle ich dann nicht nachmittags los? Weil ich gut 50 sm und mindestens 8 Stunden Fahrt vor mir habe und den Zielhafen möglichst früh erreichen will, weil ich Sorge habe, später keinen Liegeplatz mehr zu bekommen. Genau genommen Sorge ich mich bereits jetzt schon am Morgen, denn die Situation mit der begonnenen Segelsaison und den Ferien in Skandinavien, hatte ich ja bereits vor ein paar Tagen beschrieben.


Irgendwann am Vormittag ist für mich Frühstückszeit. Es gibt mal wieder eine Schüssel voll eisgekühlten Vanillepudding mit reichlich Müsli, während ich hier gerade etwas für die Kamera erzähle.

Andere teilen das selbe Problem - kein ausreichender Wind! Zumindest nicht für unsere Fahrtrichtung.

Auf dem Bild oben kann man erahnen, wie weit hier im Åland-Archipel die Schären oft auseinander liegen. Mehrere Kilometer Abstand sind keine Seltenheit. Die Seefläche dazwischen ist dennoch oft nicht befahrbar, weil es endlos viele Untiefen gibt und Felsen, die aus tiefem Wasser steil bis knapp unter die Wasseroberfläche ragen, aber von oben nicht sichtbar sind. Daher sind große Gebiete, trotz Seekarte, nicht (sicher) mit dem Boot befahrbar.

Ein Beispiel: Hier folgt ein Ausschnitt aus der Seekarte des Bereiches um die Insel Jurmo, von der ich gerade komme.

Während die Seekarten für andere Gebiete in Europa neben weiß (= tiefes Wasser) viele Blautöne enthalten, die je nach Helligkeitsabstufung schon mal auf den ersten Blick grob die Wassertiefe anzeigen, gibt es für Finnland (inkl. Åland) neben weiß nur zwei Blautöne oder wie hier nur ein Einheitsblau für alles, was flacher als (ich glaube) zehn Meter ist. Da teilweise Schifffahrtswege durch die blauen Gebiete gehen, muss man höllisch aufpassen, ob die jeweilige Tiefe auch für ein Segelboot mit um die zwei Meter Tiefgang ausreicht.

Einige Flachstellen habe ich mal mit roten Kreisen markiert. Unten links, die 1 mit der tiefergestellten 9 sind beispielsweise 1,9 m Tiefe, die direkt an das weiße Tiefwassergebiet angrenzt. Der Untergrund ist hier grundsätzlich aus Granitfels. Wer hier aufläuft reißt sich mit großer Wahrschinlichkeit den Kiel ab und sinkt.

Abgesehen von den gelb markierten Inseln/Schären sind alle weiteren Markierungen im blauen Bereich Unterwasserhindernisse.

Vielleicht mal nebenbei: Was ist der Unterschied zwischen einer Insel und einer Schäre? Nachzulesen in Wikipedia unter folgendem Link: Unterschied Insel und Schäre



Eine Welt, die sich mit Fotos aus der "Froschperspektive" kaum darstellen lässt. Während des Einhandsegelns auch noch die Drohne steigen zu lassen überfordert mich zugegebenermaßen. Daher müssen diese Bilder hier genügen.



Hier mal ein anderer Ausschnitt aus der Seekarte, die man übrigens online auch kostenlos einsehen kann unter dem Link: Navionics Chartviewer


Gegen Mittag wird es dann wieder unerträglich an Bord, denn die Sonne scheint nun ins gesamte Cockpit. Schatten gibt es jetzt für den Rest der Fahrt nicht mehr. Der Wind haucht von achtern (von hinten) mit etwa 7 kn während ich mit 6,3 - 6,5 kn Fahrt unterwegs bin. Beides hebt sich gegenseitig annähernd auf, so dass es am Steuerrad völlig windstill zu sein scheint, nein auch windstill ist. Vermutlich bei gut 30°C stehe ich wieder für Stunden in langer Hose und langärmeligem Hemd in der prallen Sonne. Doch heute habe ich eine Idee ...


Mit der Pütz (seemannsdeutsch für einen Eimer mit einem Seil am Henkel), die ich zu Wasser lasse schütte ich zunächst an die zehn Eimer voll ins Cockpit. Das kühlt zunächst einmal den Teakboden und hält ihn feucht. So lässt es sich barfuß besser stehen. Als das auch nicht mehr genügt, stecke ich am Steuerrad sitzend eben die Füße in den vollen Eimer - eine Wohltat, die nur anhält, wenn man alle paar Minuten das Wasser wechselt.




Noch unter Motor fahrend, komme ich diesem finnischen Segler näher, während der Wind tatsächlich auf 12 kn (4 Bft) aufbriest. Der Wind kommt aufgrund meines aktuellen Kurses von schräg hinten, also lasse ich mich animieren und versuche mein Glück. Ich setze testweise das Großsegel und drossele den Motor auf 1.500 U/min in der Hoffnung, dass ich so vielleicht mit Windunterstützung das Tempo von 6,5 kn halten kann. Doch weit gefehlt. meine Geschwindigkeit sinkt auf rund 5 kn. Das kostet mich zuviel Zeit, denn ich habe es ja eilig und will wegen des Liegeplatzes so schnell wie möglich in Hanko sein.


Nach wenigen Minuten ist klar - ich hole das Segel wieder ein und drehe die Motordrehzahl auf gut 2.000 U/min hoch. 6,5 Knoten Fahrt - das passt wieder. Kurz darauf geht der Wind aber auch wieder auf seine heutige Durchschnittsstärke von 6-7 kn zurück.


Am Nachmittag nehmen dann die Wolken wieder stark zu. Die Form der Hauptwolke erinnert mich verblüffend genau an die gestrige. Im Seewetterbericht war ganztags wolkenloser Himmel prognostiziert, wie bereits gestern.


Dieses Wolkengebilde verdichtet sich im Verlauf des Nachmittags immer mehr, was ich leider nicht fotografiert habe. Ich höre mehrfach so etwas wie ein donnerndes Geräusch. Da dann aber zufällig ein Schiff der schwedischen Marine direkt an mir vorbeifährt, schließe ich irrtümlich darauf, dass es sich wohl nur um Geräusche eines Manövers gehandelt hat, wie wir sie schon öfter auf See vernommen haben. Typisches Wunschdenken. Man weiß es eigentlich besser, nimmt dann aber doch zunächst mal die angenehmere Lösung für sich an.



Kurz vor Hanko gibt es dann keine Zweifel mehr an einem Gewitter, auch wenn ich keinen einzigen Blitz am Himmel sehe. Wie immer, packe ich alle elektronischen Navigationshilfen, die ich gerade nicht benötige und den Laptop in den Backofen. Sicher ist sicher. Doch kurz vor Hanko sind die Fahrwasser so anspruchsvoll, dass ich mich nicht mehr um' s Fotografieren kümmern kann.

Eine weitere Besonderheit der Finnen ist es, dass die sonst üblichen grünen und roten Betonnungen für Steuerbord und Backbord sehr sparsam genutzt werden. Vielmehr setzt man hier auf die vier schwarz-gelben Tonnen des Kardinalsystems. Das kann ich jetzt für die Nichtsegler nicht in wenigen Worten erklären. Nur soviel - Es gibt für die vier Himmelsrichtungen vier verschiedene schwarz-gelb Kombinationen auf den Tonnen (die umgangssprachlich gerne als Bojen bezeichnet werden). Diese geben sozusagen an, in welcher Himmelsrichtung die jeweilige Untiefe liegt. Aus der Ferne ist dann aber kaum auszumachen, auf welcher Seite man nun die Kardinal-Tonne umfahren muss, um nicht auf die Untiefe zu fahren. Bei der Rot-Grün-Betonnung fährst du (meistens) einfach zwischen rot uns grün durch - Feierabend! Das wäre zu einfach. Ich muss zugeben, dass ich hier ohne die elektronischen Seekarten, auf denen ich ja in Echtzeit genau erkennen kann, wo ich hinfahre, gescheitert wäre. Mit einer Papierkarte, alleine, bei diesem Wirrwar, für mich nicht vorstellbar.


Daher habe ich hier mal beispielhaft einen Seekartenausschnitt der letzten 5 Seemeilen der Anfahrt auf Hanko herausgesucht, wo die gesamte Betonnung der Fahrwege zu sehen ist. Ich komme über die gelbe Linie von oben in die Karte rein. Mein Hafen liegt dort, wo das rote Dreieck ist am anderen Ende dieser Linie (des aufgezeichneten Tracks) ist .


Im Revierführer wird dann noch vor der Anfahrt bei Nacht gewarnt, weil in Finnland die Kardinaltonnen meist nicht mit den üblichen Blinklichter, die in unterschiedlichem Takt leuchten, ausgestattet sind (wie vermutlich überall sonst auf der Welt). 

Am frühen Abend wäre dann übrigens ausreichend Wind gewesen um nach Hanko reinzusegeln. Das ist nur etwas für die ganz Harten und die Einheimischen. Ich bin dann zumindest unter Motor und ohne auf Grund zu laufen angekommen, wobei tatsächlich die letzten Untiefen noch im Hafen lauern. Eine aufregende Fahrt!

Ein Gewitter gab es dann in Hanko am Abend nicht mehr, obwohl mich einer der Harbour-Piloten noch extra gewarnt hatte. Harbour Piloten sind junge bedienstete des Hafens, die einem im motorisierten Schlauchboot entgegenkommen, um den Einlaufenden einen geeigneten Platz für Bootsgröße und Tiefgag zuzuweisen, bzw. beim Anlegen zu helfen. Ein Toller Service, den nicht viele Häfen im Norden bieten.




Das ist mein Liegeplatz für drei Nächte, bis ich mich am Sonntag nach Helsinki auf den Weg mache.



Mehr zur Stadt Hanko gibt es im morgigen Post. 

Hier ist es jetzt schon wieder kurz vor Mitternacht. Ich sage: Gute Nacht und bis morgen, wenn Ihr wollt.

Euer Harry




28. Juni 2023, Von Mariehamn nach Jurmo (Åland Archipel)

 Mittwoch, 28. Juni



Um 4:30 klingelt mein Wecker. Heute soll es wieder weitergehen, doch vorher mache ich noch dieses Foto von der gerade aufgehenden Sonne ...


Der Windmesser zeigt im Hafen gerade mal 3-4 kn Wind (1-2 Bft) aus Nordwest. Die Windrichtung stimmt mit der Vorhersage überein, die Windstärke nicht. Um 6:00 starte ich den Diesel, löse die Leinen und lege in Mariehamn ab ...


Die Oberflächen des Bootsdecks sehen aus, wie mit Raureif überzogen, aber es ist nur Morgentau, denn die Luft ist feuchtwarm ...
 


Ich schlängele mich wieder den engen Schärenfahrweg zurück Richtung freie See. Das Fahrwasser ist gut betonnt (markiert).


Nach anderthalb Stunden (7:30) habe ich nach den ersten 8,5 sm schon den Förderturm auf der Lilla Båtskär querab an Steuerbord.

Lilla Båtskär (fotografiert aus ca. 6 km Entfernung)

Die Sonne scheint am wolkenlosen Himmel. Die Temperatur ist angenehm. Ich trage ein T-Shirt mit einem langärmeligen Hemd darüber. Das genügt völlig. Der Diesel schnurrt bei 1.800 U/min und ich mache gute 5,8 Knoten Fahrt, Kurs 180° - genau Richtung Süden (raus aus den Schären).

Inzwischen haucht der Wind mit 7 kn (3 Bft), aber fast genau von achterlich. So kann ich trotz den flachen See von nicht mehr als 15 cm Welle nicht segeln. Weiter draußen soll der Wind stärker sein. Die Schären wandern langsam achtern aus. Vor mir ist liegt die offene Ostsee und ich setze meinen Kurs mehr nach Südosten ab.

Dort mache gegen halbneun dieses Foto vom Leuchtturm Långskär, der 3,8 sm (7 km) weiter südlich vor dem Schärengürtel liegt.


Panorama  (bitte ggf. nach rechts scrollen)

 

In der Sonne trocknen seit heute Morgen meine Festmacher, die beim Lösen nass wurden, weil meistens Enden davon ins Wasser fallen.


Wasser wohin man schaut, denn inzwischen sind die Schären, durch etwas Dunst über dem Land, nicht mehr auszumachen.


Genau die richtige Zeit für ein Frühstück ...


Gegen 8:45 setze ich hoffnungsvoll die Segel bei 8 kn (3 Bft) Wind. Ich mache zunächst gut 3 kn Fahrt. Eigentlich zu wenig, wenn man eine Etappe von knapp 80 sm (rund 150 km) geplant hat, denn dann wäre ich bei gleichbleibendem Tempo rund 24 Stunden unterwegs.

Doch die Frage, wie lange ich es mir leisten kann, mit diesem Tempo unterwegs zu sein erübrigt sich, weil der Wind westlicher dreht und für mich wieder annähernd von hinten kommt, was schlecht ist.

Also habe ich bereits 30 Minuten später die Segel wieder eingeholt und den Motor gestartet.

Gegen Mittag hat dann der Wind auf 1 Bft abgenommen und ich beginne in der sengenden Hitze innerlich zu kochen. Das ist die Sache mit Theorie und Praxis. Im Wetterbericht steht zum Beispiel, dass die Tageshöchsttemperatur 21°C beträgt und alle die das lesen denken: Der hat es gut - Idealtemperatur zum Wohlfühen. Leider falsch!

Ich habe, weil ich ja durch ein Gebiet mit Untiefen fahre und außerdem auf andere Sportboote achten muss, nur zwei Möglichkeiten. Ich stehe entweder am Steuer in der prallen Sonne und habe dann Temperaturen von wenigstens 30° C, wobei ich ja angezogen sein muss, um mir keinen Sonnenrand zu holen. Denn wenn man 12 Stunden oder länger unentwegt in der Sonne steht, nutzt auch keine Sonnencreme mehr etwas.

Die 2. Alternative - ich setze mich in den Schatten, den die Sprayhood bietet. Dort habe ich allerdings 27°C gemessen und es bewegt sich kein Lüftchen. Gegen Mittag ist die Sonne dann soweit herumgewandert, dass ich ein wenig improvisiere und mir eine Art erweiterten Sonnenschutz baue. Zusammengefasst: Selbst bei angesagten "Wohlfühltemperaturen" kann es hier an Bord unerträglich werden und genau das ist es heute.


Zeitweise setze ich mich dann etwas mehr Richtung Bug. Dort gibt es wenigstens so etwas wie ein kleinwenig Fahrtwind. Dafür habe ich dann in dieser Zeit den Plotter nicht im Blick.

Gegen Mittag sehe ich dann noch eine Robbe in nicht alzu großer Entfernung im Wasser. Wie immer schaut nur ein Stück Kopf heraus und der beobachtet sorgfältig und bewegungslos. Ich greife zur Kamera, doch bevor diese fokussiert hat, ist die Robbe abgetaucht. Schade.

Am frühen Nachmittag ziehen dann Wolkengebilde auf, die mich auch nicht gerade entspannter machen. Droht ein Gewitter? Im Seewetterbericht war davon nichts zu lesen. Nicht einmal Wolken sollte es geben.


Das sieht für mich definitiv nach Gewitter aus ...


Doch wie von Zauberhand, löst sich dieses Wolkengebilde auf, als es auf' s Meer hinauszieht. Glück gehabt!


Etwa zur selben Zeit tyrannisieren mich hunderte von männlichen (da sehr klein) Mücken. Wir hatten es schon öfter, dass anscheinend ganze Schwärme von Insekten über das Meer ziehen und sich dann einen Landeplatz suchen. Das ist dann sehr unangenehm, weil einem das Viehzeug dann Stundenlang um die Nase summt und versucht unter Deck zu kommen. Also muss man alle Luken schließen und den Rest aushalten. In der Regel verstirbt dann der Großteil des Schwarms in der Hitze und das Deck ist voll mit hunderten von Insektenleichen, die man natürlich breit tritt, da man beim Segeln nun mal Bewegung an Bord hat.

Gegen 17:00 kann ich dann wieder auf einen nördlicheren Kurs gehen, um mein heutiges Tagesziel, die Insel "JURMO", anzusteuern, die rund 15 sm weiter im Landesinneren liegt.

Bei Einlaufen in dieses Fahrwasser kommt man dann zuerst an diesem Leuchtturm der Insel Utö vorbei.

Am Abend ist es dann geschafft, doch die Aufregung noch einmal groß. Bereits aus rund 2 km Entfernung kann ich grob erkennen, dass der kleine Hafen von Jurmo voll sein muss. Da mir allerdings eine Alternative fehlt, fahre ich hinein. Es ist eng, denn auch im Hafen gibt es mehrere Untiefen. Ich taste mich vorsichtig an den Liegeplätzen entlang, immer den Tiefenmesser im Auge.

Es ist knüppeldicke voll hier. Dann entdecke ich eine Absaugstation für das sogenannte "Schwarzwasser" der Yachten. Ich entscheide, dass hier heute niemand mehr seine Fäkalien absaugt und mache fest. Ein Notliegeplatz für eine Nacht, dass muss jetzt mal gehen, obwohl solches Verhalten eigentlich selber nicht leiden kann. Doch der nächste Hafen ist 50 sm (gut 90 km) entfernt und ankern möchte ich hier in der Gegend auf keinen Fall. Warum? Darauf gehe ich später noch mal in einem anderen Post ein.


 

Nun bin ich da. Vor unserem Boot, die Schläuche für die Absauganlage.



Jurmo ist eine schöne Inseln auf der Katrin und ich schon einmal vor ein paar Jahren waren. Gerne wäre ich noch wenigstens einen Tag hier geblieben, doch das Wetter drängt mich, morgen sofort weiter zu fahren.

Panorama

Daher nur schnell ein paar Eindrücke ...



Die Vegetation sieht überwiegend nach Heidelandschaft aus. Es wächst auch viel Erika, aber auch viele andere schöne Gewächse. Leider fehlt die Zeit. Vielleicht kommen wir (Katrin & Ich) auf dem Rückweg noch einmal hier vorbei.




Der Track meines heutigen Törns über 78 Seemeilen.

Panorama

Morgen geht es weiter.

Bleibt mir gewogen und weiterhin neugierig.

Euer Harry

P.S.: Heute, als ich das schreibe, bin ich schon 50 sm weiter östlich, in Hanko. Post folgt!





Dienstag, 27. Juni 2023

27. Juni 2023, Mariehamn (Åland Archipel)

 Dienstag, 27. Juni


Der Tag startet bei bestem Wetter. Ich sitze nach dem Aufstehen mal wieder im Schatten des Cockpits, trinke einen Kaffee und genieße das Drumherum.


Heute habe ich ein paar Aufgaben zu erledigen. Ich muss für die Weiterreise beide Wassertanks auffüllen und mal wieder saubermachen. 

Unter Deck wird mit dem Akkustaubsauger von Dyson einmal gründlich durchgesaugt. Mit diesem Gerät sind wir ausgesprochen zufrieden. Die Saugleistung, insbesondere mit der Rotationsbürste, ist tadellos und der Akku hält lange, so dass wir über den Winter, wenn der Dyson zu Hause ist, die gesamte Wohnung locker mit einer Akkuladung schaffen. Nein, ich habe nicht vor Staubsaugervertreter zu werden.

Draußen im Cockpit hat sich ein unvorstellbarer Dreck angesammelt, der muss weg. Ich mache mir ja gerne zu allen möglichen Dingen so meine Gedanken. Unter anderem, dass das Leben auf dem Wasser einen Vorteil haben müsste, nämlich den, dass sich durch die Wasserumgebung kaum Staub ansammeln kann und man insoweit, so gut wie nie Staubwischen oder -saugen muss. Das Gegenteil ist der Fall, warum auch immer.

Da hier das Bootswaschen verboten ist, nutze ich das Restwasser aus einem der Tanks, das ich mir in einen Eimer abfülle. Also wische ich die glatten Flächen im Cockpit einmal durch. Noch immer finde ich Reste der Lindenblütenblätter, die wir uns in Västervik nach einem kräftigen Wind, der von Land kam, an Bord geholt hatten. Das ist heute auf den Tag genau einen Monat her. Während des Segelns pfeift stundenlang der Wind über das Boot. Kaum vorstellbar, dass jetzt immer noch Lindenblütenblätter aus irgendwelchen Ecken zusammengepustet werden. 

Ich hoffe, ich war heute erfolgreich. 😅

Dann messe ich mal wieder die Wassertemperatur. 21°C testiert das Thermometer. Gerd, Du kannst wieder vorbeikommen - Badetemperatur!


So jetzt nur noch kurz ins Hafenbüro, das Liegegeld für einen weiteren Tag bezahlen. Dann ist der Tag meiner.


Mariehamns Seglarförening


Hier in Mariehamn, wird das Liegegeld während der Geschäftszeiten in einem Segel-Bekleidungsgeschäft entrichtet. Ansonsten gibt es einen Automaten, ähnlich dem eines Parkhauses.


Gestern hatte ich ja schon angedeutet, dass ich mir heute eine alte Seefahrtssiedlung anschauen möchte. Die liegt nur etwa 500 m entfernt. Auf dem Weg sieht es zeitweise etwas bedrohlich aus, aber das Wetter hält sich stabil, auch die nächsten Tage.

Einsam und verlassen liegt Ari links außen.


Als erstes fällt einem, wenn man von Süden kommt, diese hölzerne Pyramide auf. Es handelt sich allerdings lediglich um einen "Ausstellungsraum" mit einigen alten Ruderbooten. Rechts eine klassische Fähre, wie man sie auch oft in Schweden in der Nähe Stockholms antrifft.



Auf diesem Ruderboot, dass direkt an der roten Pyramide liegt, hat sich eine Dohle niedergelassen. Irgendwie schaut sie etwas grimmig drein.


Damit bin ich dann auch schon mittendrin. Das Sjökvarteret (Seeviertel) ist ein Gelände direkt am Ufer der Ostsee, auf welchem das Handwerk des traditionellen Bootsbaus genauso zu finden ist, wie Kunsthandwerk, Restaurants und Cafés und ein stückweit auch etwas Touristenrummel, denn hier kommen auch ettliche Besucher von den Kreuzfahrtschiffen aus dem Westhafen her.





Das Ganze hat aber auch Museums-Charakter, denn es gibt in den Holzhäusern viele Ausstellungsräume, die man kostenlos besuchen kann.








Die Traditionsschiffe liegen in einem kleinen, separaten Hafen. Drumherum die Hütten des Bootsbauhandwerks.







Klassische Taillen, sozusagen "Flaschenzüge" mit denen z. B. die Takelage durchgesetzt (gespannt) werden kann.



Eine Seeschwalbe


Die alte Seefahrer-Kapelle

Morgen soll es weitergehen, denn in einer Woche möchte ich in Helsinki sein. Wie so oft, ist das Wetter die Herausforderung. Es gibt drehende Winde und viel Leichtwind bis Flauten. Ich werde heute Abend nach dem 22:00 Uhr Wetterbericht entscheiden, was ich mache.

Das verrückte ist ja, dass die restlichen 180 sm (333 km) theoretisch in den verbleibenden sieben Tagen "kinderleicht zu schaffen sind". Ich weiß nur nie, wieviele Tage davon mir wegen Stark- oder Schwachwind verloren gehen werden. Andersrum möchte ich ja auch nicht übermorgen schon in Helsinki ankommen und dann eine Woche dort im Hafen liegen. Die richtige Taktik und immer eine ordentliche Portion Glück ist gefragt. Also drückt mal feste die Daumen!

Startbereit bin ich und genügend Verpflegung für die Tage bis ans Ziel habe ich auch.

Bleibt gespannt - ich bin es auch

Euer Harry