Montag, 31. Juli
Es ist kurz vor halbsechs Uhr morgens, als ich aus dem Tiefschlaf gerissen werde. Was war das? Ich schiebe die Gardine des Rumpffensters an meiner Koje beiseite. Ari schwoit gerade wild am Anker und der Wind heult so laut, dass ich davon wach geworden bin. Während ich aufstehe ist auch Katrin wach geworden.
Ich schaue auf den GPS-Track, den wir während des Ankerns permanent aufzeichnen. Der signalisiert kein Rutschen des Ankers, das ist erstmal gut. Parallel läuft ja auf Katrin's Handy auch noch der Ankeralarm mit. Eine App, die ebenfalls über GPS, die Distanz zum Anker überwacht. Überschreitet diese Distanz einen vorher von uns festgelegten Wert, gibt es einen Alarm. Doch alles ist im Normalbereich, trotz der heftigen Böen.
Das einzige Frage ist mal wieder: "Was haben wir hier für einen Ankergrund?" und genau das wissen wir nicht. Also entscheide ich, mich anzuziehen und mich für den Fall der Fälle lieber in den Salon zu legen. Das spart wertvolle Sekunden, falls es doch einen Ankeralarm geben sollte und ich an den Steuerstand im Cockpit hasten muss, um den Diesel zu starten und das gegebenenfalls abdriftende Boot wieder "einzufangen" bevor wir irgendwo auf Grund laufen, denn ringsherum ist alles voll mit Flachwassergebieten.
Ich schlafe wieder ein und, als ich aufwache, ist der Wind weg. Es herrscht völlige Flaute. Ich entferne das Schott (sozusagen: Die Eingangstür die unter Deck führt) um mich im Cockpit umzusehen. Ari befindet sich um 180° gedreht an der Ankerkette. Der Abstand zu allen Ufern ist okay. Kein Grund zur Sorge mehr.
Das hat inzwischen auch Katrin geweckt. Es ist ungefähr halbneun. Wir machen uns Kaffee und essen dazu Kardamomknuts, die Katrin gestern noch gebacken hatte.
Um kurz vor zehn Uhr geht es dann los, auf unsere letzte Etappe, Richtung Nyköping. Als wir den Anker aufholen, ist der voll mit Tonerde, ein idealer Ankergrund abgesehen vom anschließenden Saubermachen.
Der Windmesser zeigt 1 kn Wind, also gerade so 1 Bft, fast Windstille. Mit Segeln wird es heute also wieder nichts. Dafür regnet es ...
Weil man bei diesem düsteren Wetter keine gescheiten Landschaftsaufnahmen machen kann, ...
... knipst Katrin dieses Foto (oben), das eigentlich alles über den heutigen Törn aussagt.
Wir fahren hier durch eine wirklich besonders schöne Schärenlandschaft. Etwas für den nächsten Urlaub, aber nichts für die Kamera, nicht bei diesem Wetter.
Anfahrt auf Nyköping. Hier geht es mehrere Seemeilen durch ein besonders enges Fahrwasser, bis man die Stadt erreicht. Am Ufer entdeckt Katrin dann diese beiden Kraniche, die uns keines Blickes würdigen ...
Das Positive: Jetzt um die Mittagszeit ist der Hafen überraschender Weise recht leer. Im Stadthafen mit seinen nicht mehr als ca. 8 Liegeplätzen liegt überhaupt kein Boot und im "normalen" Gästehafen bekommen wir dann noch einen günstig gelegenen Liegeplatz, aus dem ich dann später alleine voraussichtlich wieder gut wegkomme.
13:30 - Zeit für's Frühstück. Die Sonne versucht gerade die Wolkendecke zu durchbrechen und so ist es bei den offiziellen 19° Lufttemperatur warm genug, um entspannt draußen zu sitzen.
Im Süden sieht es schon ganz gut aus ...
Der Blick nach Nordwesten ist noch wenig Vertrauen erweckend. Das wird wohl auch die nächsten Tage so bleiben.
Wir sind jetzt hier (unten, ganz links) in Nyköping. Daneben unsere 12 Stationen, die wir in den letzten 4 Wochen gemeinsam abgefahren (ich hätte gerne geschrieben: abgesegelt) haben.
Hier in Nyköping gibt es noch eine kleine Liste von Erledigungen abzuarbeiten. In der Laundry arbeiten gerade zwei Waschmaschinen an unserer Wäsche und ich benötige noch Proviant für meinen Weg zurück nach Hause.
Im Augenblick hat gerade wieder der Regen die Oberhand über den Himmel übernommen und es pieselt auf uns herab, na ja, weniger auf uns als auf Ari, der jetzt das Meersalz heruntergewaschen wird. So hat der Regen hier auch etwas Gutes.
Morgen ist hier unser letzter gemeinsamer Tag. Wieviel wir unternehmen können, entscheidet nicht zuletzt das Wetter.
Bleibt gespannt, wir sind es auch.
Harry & Katrin |