Einem späten Frühstück folgte Arbeitsaufteilung. Harry ging auf Fototour, ich wuselte ein bisschen im Boot herum. Auf dem Weg zum Sanitärgebäude (vielleicht gibt es ja auch hier eine Waschmaschine?!) fiel mir die geänderte Windrichtung auf. Statt des angesagten Starkwindes aus Südwest kam dieser auf einmal aus Nordwest. Ich überprüfte sofort per Handy-App die Wetterlage und sah, dass sich die Prognose in den letzten 12 Stunden völlig verändert hatte.
Wir hatten ab dem Nachmittag wunderbar segelbaren Nordwestwind mit 4-5 Beaufort, keinen Regen mehr und eine annehmbare Wellenhöhe und -richtung. Je näher dem Abend, desto weniger Wind und Welle sollte es werden. Ich rief sofort Harry an und bat ihn zurück zum Boot.
Erneut sahen wir uns das Ganze für die kommenden 24 Stunden an und waren uns einig, dass wir noch heute abfahren mussten. Auf den schönen Nordwestwind folgte nämlich Süd, Südwest und am Mittwoch voraussichtlich Flaute. Das hätte geheißen, eventuell erst am Mittwoch über 100 Seemeilen unter Motor zu bewältigen.
Ari "in the box" |
Rechts die Pizzaria in der Fußgängerzone von Simrishamn |
Wir gingen in unsere Lieblingspizzaria und genossen die leckeren und sehr ausgefallenen Pizzen zusammen mit einem (sehr teuren) Bier. Zurück am Boot noch zwei Stunden ausruhen, dann Boot und Menschen auf die lange Nachtfahrt vorbereiten.
Punkt halb fünf lösten wir die Leinen und verließen den Hafen. Kaum draußen, hissten wir die Segel und ab ging die Post. Wir mussten in der Abenddämmerung noch ein Verkehrstrennungsgebiet (Autobahn für die dicken Pötte) nordwestlich von Bornholm umfahren, dann ging es schnurstracks 180 ° runter nach Süden. Unser Ziel war irgendeiner der Häfen im Bodden.
Man kann es nicht anders sagen - wir wurden für diese Spontanität sehr belohnt. Der Wind hielt sich an die Voraussage und jagte Ari mit dauerhaft 7-8 Knoten (rund 15 km/h) Geschwindigkeit durch die Wellen und die Nacht.
Der südlichste Zipfel Schwedens - wir verabschieden uns mit einer Träne im Knopfloch |
Wegen der hohen Welle wechselten wir uns mit dem Autopiloten am Steuer ab. Oft kam er mit Wind und Welle nicht mehr klar und gab auf - dann mussten wir wieder ran.
Die lange Nacht wurde von einem grandiosen Sonnenuntergang eingeläutet |
Eine zwar mondlose Nacht, aber mit einem fantastischen Sternenhimmel. Die Temperaturen waren weit draußen mit 14 °C noch erträglich. Das aber auch, weil wir uns vorsichtshalber dick eingemummelt hatten. Man friert schneller, wenn man im Laufe der Nacht müde wird.
Kurz bevor wir an diesem Bereich ankamen, nahmen wir die Segel runter, um unter Motor schneller reagieren zu können. Die folgenden Fotos sind zwar total verwackelt, aber sie geben annähernd wieder, welcher Anblick sich uns bot. In dichter Folge liegen die Arbeitsschiffe, dazwischen verkehren Frachter (bringen mit Material oder holen Abraum) ... und wir mittendrin.
... und so sieht das auf dem Plotter aus - die schwarze Linie war unser Kurs hindurch |
Die restlichen knapp 15 Seemeilen (gut zwei Stunden Fahrt) blieben wir unter Motor, weil wir keine Lust mehr hatten, erneut im Dunkeln die Segel rauszuholen - zu müde waren wir auch.
Morgendämmerung, kurz vor der Einfahrt in Gager |
Den heutigen Sonntag werden wir zur "Rekonvaleszenz" hier verbringen und erst am Montag endgültig im Heimathafen Neuhof einlaufen.